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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
74. Jahresband.1994
Seite: 363
(PDF, 127 MB)
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Schäften angegeben haben. Appolonia Miller wird gefoltert, gesteht aber
nichts und stirbt, bevor sie auf ihre und ihrer Kinder inständige Bitten begnadigt
worden ist, im Gefängnis in Ortenberg13.

1608 erreicht Jacob Sauer ein Verfahren gegen seine Stiefmutter Susanne
Hain, weil sie ihn mit zauberischen Mitteln impotent gemacht habe, und
Jacob liefert gleich die Begründung: Er habe ein Mädchen geheiratet, das
Susanne nicht paßte. Darauf wird Frau Hain ins Gefängnis nach Ortenberg
gebracht, peinlich befragt, aber nach ausgiebigen Zeugenverhören auf Bewährung
freigelassen14.

Ein ganzes Bündel von Beschuldigungen unterschiedlicher Qualität sammelt
der Zimmerner Pfarrer Synoth (Symoth) 1598 oder 1599 gegen den
Hirten Barthel Pfeiffer und seine Frau Brigitha aus Urloffen15. Wir wollen
sie etwas ausführlicher darstellen, weil sie ein breites Bild der Volksmeinung
vom Hexenwesen wiedergeben, damit aber auch Teile der Mitschuld
erfassen, welche den einfachen Leuten vom Dorf angelastet werden
müssen.

Die schwersten Vorwürfe des Pfarrers richten sich gegen die Frau. Sie versah
den Dienst einer Hebamme, und dieser Beruf war während des Hexenwahns
besonderen Verdächtigungen ausgesetzt. In der Forschung hat man
sogar das rationale Hauptmotiv der Hexenverfolgung in der Absicht gefunden
, die „weisen Frauen", zu denen man auch die Geburtshelferinnen
zählt, mit ihren Geheimkenntnissen von der Geburtenkontrolle auszurotten16
. Wir möchten uns mit näherliegenden Erklärungen begnügen. Als die
Haushälterin des Pfarrers während der Geburt eines Kindes unter den Händen
der Hebamme schwer erkrankt, kann weder Synoth noch die Mutter
natürliche Ursachen, wie möglicherweise traditionelle Vorschriften, Mangel
an Hygiene, persönliche Unfähigkeit oder unlösbare Komplikationen
erkennen und greift nach irrationalen Deutungsmustern; so formuliert der
Pfarrer ausdrücklich, Brigitha habe an seiner Haushälterin „ihr zauberisches
Werk erzeigt". Hilflose Mediziner bestärken ihn in seiner Auffassung
; zwanzig Wochen muß die kranke Frau leiden, dann stirbt sie.
Während dieser Zeit konsultiert Synoth mehrere „studiosos" und besonders
einen Dr,; Hohenreutter aus Straßburg, der - wohl nach einer Ferndiagnose
- durch den „Läuferboten" mitteilen läßt: „Es sei ihr nicht mehr zu
helfen, sie sei durch böse zauberische Leut verdorben worden."17

Die Frau seines Mesners, so berichtet Pfarrer Synoth weiter, mache Brigitha
Pfeiffer dafür verantwortlich, daß mehrere ihrer Kinder tot auf die Welt
kamen und nicht getauft werden konnten. Als wieder eine Geburt ansteht,
holt die Mesnerin eine andere Hebamme. Diesmal geht alles gut, und sie

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