Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
74. Jahresband.1994
Seite: 371
(PDF, 127 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1994/0371
selbst vom Wahn beherrscht, ließen die Menschen allein und wehrten nicht
ab, als ihre gepeinigte Natur zu unwirksamen und verwerflichen Mitteln
griff. Die erschütternde Erkenntnis der Appolonia Miller, „daß auch letztlich
aber solches schier eine ganze Bürgerschaft vor wohlgedachtem Herrn
Landvogt und Amtsleuten wider mich geklagt und gebeten, mich hinwegzuschaffen
"42, mag als eine zutreffende Beschreibung des Seelenzustandes
der Bevölkerung unserer drei Dörfer hingenommen werden.

Folterprotokolle

Wer anordnete, daß eine verdächtige Person nach Ortenberg ins Gefängnis
kam und damit eine Vorentscheidung über Leben und Tod fällte, kann man
aus den Akten nicht entnehmen. Die Kompetenz wird eher bei den Beamten
der Landvogtei gelegen haben als beim Gericht in Appenweier, dessen
Mitverantwortung trotzdem beträchtlich war. Mit der gütlichen und peinlichen
Befragung, der die Verdächtigen während ihrer Gefangenschaft ausgesetzt
sind, kommt ein völlig neues Element in die Auseinandersetzung
um Schuld und Unschuld. Sie werden mit einer Welt konfrontiert, von der
sie zweifellos gehört, die sie aber konkret nie erfahren haben. Wollte man
bisher von ihnen wissen, was sie getan haben, so fragen die Richter jetzt
danach, inwieweit sie sich mit dem Teufel eingelassen und ihm Macht über
ihre Handlungen eingeräumt haben. Folgen wir dem Wortlaut der Texte,
stellen wir fest, daß in den „Geständnissen" der „böse Feind" allgegenwärtig
ist, in den Klagepunkten und Zeugenanhörungen wird er dagegen kaum
genannt. Susanne Hain macht ihre Opfer impotent, indem sie mit einem
Gertlein auf ihre Schultern schlägt; woher sie dieses hat, wird nicht gesagt.
In den Urteilsbegründungen liefert der Teufel den Hexen die Gerten oder
Stöcklein mit dem Auftrag, andere Menschen zu schädigen. Margarete
Sauer ruft mit einer Suppe eine Krankheit hervor, welches Mittel sie dazu
verwendet, ist unwichtig. Während der Folter aber wollen die Richter bestätigt
bekommen, daß, wie sie meinen, der Teufel das Pulver bringt, mit
dem Mensch und Tier getötet werden können. Mit ihrer starren Erwartungshaltung
beherrschen die Richter alles, was mit den Gefangenen geschieht
. Sie wissen aus dem Hexenhammer, Gesetzessammlungen, theologischer
und juristischer Literatur, wie eine Hexe beschaffen ist, daher foltern
sie so lange, bis sie ihren Fragenkatalog mit befriedigenden Geständnissen
abgehakt haben.

Jacob Gering wurde gleich am ersten Tag in Ortenberg aufgezogen, hielt
aber durch und bekannte immer wieder seine Unschuld. Nach drei Tagen
unterwarf man ihn derselben Tortur, wieder ohne Erfolg. Daraufhin
„spannte man ihn aufs Bett", man zerrte ihn, auf einem Brett liegend, aus-

371


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1994/0371