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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
74. Jahresband.1994
Seite: 380
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Nach einem Besenstiel greift allerdings keine unserer Hexen, wohl aber
nach einer Gabel, einer Ofengabel, nach einer Welle Stroh, auch auf einer
schwarzen Katze, sogar auf einer Kuh oder einem „unbekannten Tier"
fährt man durch die Luft. Daneben steigt man in die üblichen Gefährte,
Karch (Karren) und Kutsche, ein. Möglicherweise begannen die Sekretäre
selbst daran zu zweifeln, daß den Erzählungen wirkliche Geschehnisse zugrunde
lagen. Immerhin zitieren sie Martin Cranz, der böse Feind habe ihn
„seines gedunkens" unter das Hochgericht geführt, Catharina Remuß sei
„ihres Gedunkens" auf einer schwarzen Katz geritten, und Anna Groß, sie
„habe vermeint", sie sei auf einem „Karch" gefahren. Solche Formulierungen
des Glaubens und Meinens schränken auch im Protokoll die erfahrene
Wirklichkeit ein.

Als nicht weniger bezeichnend für das Hexenwesen als der Ritt auf dem
Besenstiel gilt der „Hexensabbat". Die großen Vorbilder solcher Orgien,
wie die auf dem Blocksberg oder in unserer weiteren Umgebung auf dem
Blauen, dem Kandel und auch der Hornisgrinde95, erreichen die Versammlungen
und „Convente" unserer Akten nie. Was nach ihnen geschieht, hält
sich in den üblichen Grenzen eines Volksfestes.

An den einzelnen Zusammenkünften nehmen jeweils eine unterschiedliche
Anzahl Personen teil. Mit Wolf Lenz zusammen trinken und tanzen 1569 auf
der „Puni", der „Bühne", seiner Mutter nur vier Leute, diese Gruppe feiert
aber auch um das Rathaus in Achern mit vielen anderen Unbekannten88.

Wie beim Wetterkochen treffen sich die Hexen an bekannten Orten rund
um die Dörfer: am Hürnenbrücklein, am Urloffener Brücklein, am Englischen
Bach, im Rindschädel, im Ryseneck, in der Schweinshalde, sie fahren
aber auch nach Rammersweier, ins Kinzigdorf und weit ins Elsaß hinein
. Man „tanzt und springt" nach einer Pfeife, einer Sackpfeife, einer Leier
, einer Trommel, die ein Landfahrer oder auch - vermeintliche - Einheimische
spielen. Man hält einen „Schlamp", ein Gelage, bei dem es Fleisch
und Wein, Speise und Getränk der Vornehmen, aber gewöhnlich kein Brot
und Salz gibt. Bei ihrem Hochzeitsessen bemängelt Brigida Mengiß:
„Botz, haben wir doch weder Brot noch Salz" und da verschwindet die
ganze Gesellschaft96. Daß diese beiden Grundnahrungsmittel fehlen, hängt
wiederum mit dem Volksglauben zusammen. Das Brot vertreibt die Hexen.
Es wurde oben berichtet, daß drei Frauen beim Wettermachen gestört werden
, weil sie einen Bäckerknecht mit einem Stück Brot in der Hand sehen.
Seit alters her werden bei vielen Völkern Brot und Salz als Abwehrmittel
gegen böse Geister verwendet. Durch die Bitte im Vater unser und als
Element des Altarsakramentes wird das Brot geheiligt, und das Salz bei
der christlichen Taufe sollte das Kind vor bösen Dämonen schützen97.

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