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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
74. Jahresband.1994
Seite: 423
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Existenzminimums fristen mußten5. Ein ständig zunehmender Teil der Bevölkerung
konnte seit dem ausgehenden achtzehnten Jahrhundert keinen
Zugang mehr zu bürgerlichen Berufen, zu Grundeigentum oder anderem
Besitz, der als Grundlage für eine Familienexistenz dienen konnte, bekommen
. Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts begann in Deutschland die Bevölkerung
stark anzuwachsen: Noch im Jahr 1750 betrug sie 16 bis 18 Mio.
Einwohner, 1800 waren es bereits 22 bis 24 Mio6.

Zeitgenössische Veröffentlichungen beschäftigten sich eingehend mit der
Bekämpfung bzw. Bewältigung der Verarmung breiter Volksklassen. Die
Pauperismus-Diskussion fand ihren Niederschlag in der Armengesetzgebung
und Verwaltungspraxis der Behörden. Unter der Mehrheit all jener
Beamter, Pfarrer, Staatswissenschaftler, Schriftsteller, die sich zu diesem
Notstand äußerten, herrschte Einigkeit darüber, daß es sich um eine historisch
neuartige Erscheinung der Massenarmut, nicht mehr um traditionelle
Armut handelte7.

Die ersten Veröffentlichungen zu jener Frage entstanden auf dem Hintergrund
der Hungerkatastrophe von 1816/178. Daneben machte sich eine von
Grund auf veränderte Wahrnehmung sozialer und politischer Probleme geltend
. Seit der Französischen Revolution war diese Wahrnehmung geschärft
und „bis zum Extrem hypernervöser Angst vor einer neuen Eruption sensibilisiert
worden".9

Eine entscheidende Wende in der Gewichtung erfuhr die Pauperismusliteratur
nach der französischen Julirevolution im Jahr 1830. Sie löste eine
wachsende Politisierung aus. Fortan traten Fragen nach den gesellschaftlichen
und politischen Konsequenzen wachsenden Verarmung stärker in den
Vordergrund. Es überrascht nicht, daß der Höhepunkt der Pauperismusliteratur
um die Zeit der 1848er Revolution und in den frühen fünfziger Jahren
lag. Danach ebbte die Diskussion wieder ab10. Da die Politisierung als unmittelbare
Reaktion auf eine latente Revolutionsfurcht zu begreifen war,
beschränkte sich die Behandlung der „sozialen Frage" vielerorts auf Abschreckung
und Disziplinierung von Armen und Bettlern11.

1. Das badische Armenrecht

Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts brachte eine Reihe von Versuchen,
das „Armenproblem" zu lösen. Die Armenversorgung steckte mitten in
einer Modernisierungsphase, die angesichts ansteigender Bettlerzahlen
durch traditionelle Unterstützungsmethoden nicht mehr gesteuert werden

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