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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
74. Jahresband.1994
Seite: 438
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arme" zogen in Scharen an die Tore des Hospitals. 1810 reagierte der Stiftungsrat
mit der Streichung der Almosenvergabe an Markttagen. „Man hat
wahrgenommen, daß sowohl hiesige Arme, als auch Bettler vom Lande
und vorzüglich die Schulkinder an Diensttagen und Samstagen das Brodalmosen
holen und empfangen, auch daß diese Almosen Ablangung von den
nämlichen Personen an einem Tag oft 2 und 3 mal geschieht: eben so ist
man darauf aufmerksam gemacht worden, daß den hiesigen Hausarmen,
welchen in früherer Zeit ein Brodalmosen, nachhin aber die Kost nebst der
dazu gehörig Porzion Brod angewiesen wurde, noch beydes zusammen
abgereicht wird. In Erwägung nun a:) daß die hiesigen Einwohner, in so
weit sie dürftig und würdig sind, ein decretiertes Almosen aus dem Spital
empfangen, b:) die Abreichung eines Brodalmosens an alle, welche an den
Markttägen vor die Hospitalsthüren kommen, sowohl polizeiwidrig, als
mit der Ökonomie des Hospitals nicht vereinbart ist42."

Wegen der Mißernten zwischen 1813 bis 1816 baten die Rebbauern das
St. Andreas-Hospital um die Stiftung von Brotfrüchten. Sie besaßen
praktisch nichts zu essen43. Die Knappheit an Brotfrüchten im Herbst 1816
lag nicht ausschließlich an den klimatischen Verhältnissen, sondern ging
auf Spekulationsgeschäfte zurück44. Damit wurden dem Markt die so dringend
notwendigen Brotfrüchte entzogen und die Preise auf einem hohen
Niveau gehalten. Nahrungsmangel und überhöhte Preise trafen vor allem
die städtischen und ländlichen Unterschichten. Als einzige Einrichtungen
neben den Armenfonds schritten Wohltätigkeitsvereine zur Tat45. Die
Bewohner der Stadt Lahr46 starteten den Versuch, durch eine gezielte Aktion
die Mängel in der Nahrungsmittelversorgung zu beheben. Wohlhabende
Einwohner bildeten einen Fonds zum Ankauf von Früchten und Kartoffeln.
Die Beiträge bestanden aus Aktien zu 100 Gulden, die zur nächsten Ernte
zu einem fünfprozentigen Zinssatz zurückbezahlt wurden. Mit diesem
Kapital kauften sie Nahrungsmittel von auswärtigen Märkten ein, damit
die Lahrer Marktpreise nicht in die Höhe stiegen. Die so gesammelten
Früchte und Kartoffeln verkaufte man zu billigen Preisen an Bedürftige
weiter.

Anfang der 1830er Jahre verschärfte sich die Versorgungskrise erneut.
Nach einer Weinmißernte stiegen die Bettlerzahlen in der Umgebung von
Offenburg wieder an. Am 4. April 1831 fand „zum Besten der Armen im
Rebgebirge" ein Ball im Saal des Offenburger Gasthauses „Zum Salmen"
statt, dessen Erlös den Bewohnern des Rebgebirges zugute kam47. Im
Sommer des gleichen Jahres zerstörten schwere und lang andauernde Regengüsse
und Überschwemmungen die Ortenauer Körnerfrucht- und Kartoffelernte
. „Viele, sehr viele Familien sind dadurch dem bittersten Mangel
preisgegeben worden; denn ohne Früchte zu Brod, ohne Futter fürs Vieh,

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