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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
74. Jahresband.1994
Seite: 447
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Die Übertragung des Sorgerechts an vermögende Bürger ersetzte die landesweit
praktizierte Maßnahme, die Unterhaltung armer Kinder an denjenigen
zu versteigern, welcher das niedrigste Pflegegeld forderte; ein
äußerst menschenunwürdiges Vorgehen, das gerade die ärmsten Gemeinden
einschlugen: „Der Polizeidiener geht mit der Schelle durchs Dorf:
Heute werden die und die Kinder an den Wenigstnehmenden in Kost versteigert
. Es wird zwar eingewendet, daß zu diesem Vergebungen nur solche
Bürger zugelassen werden, von denen man die Ueberzeugung habe, daß sie
zur Erziehung eines solch armen Kindes sich eignen, und da könne es dann
nicht schaden, wenn unter diesen eine Konkurrenz stattfinde. Diese Rechtfertigung
ist durchaus nicht stichhaltig ... ; wie diese armen Kinder oft behandelt
werden, könnte Schreiber dieses in mehreren von ihm beobachteten
Fällen angeben72."

Krankheit und Tod

Die Armenpolizei stellte nicht allein begrenzte Hilfen zum täglichen Lebensunterhalt
bereit. Im Krankheitsfall sorgte sie für die ärztliche Versorgung
und Krankenpflege. Gegen ein geringes Entgelt schickte der Bürgermeister
ihm die „Arme Theres Wernet" zur „Abwartung". Arzt- und Apothekerkosten
wurden ebenfalls übernommen. Mehreren Offenburgern wurde
ein Kuraufenthalt im Baden-Badener Armenbad bezahlt.
Starb ein Mittelloser, bezahlten die Gemeindekassen die Beerdigungskosten
(Grab, Grabmacherlohn und Sarg). Beim Tod des „Armen Joseph
Fitzkamm" im Jahr 1850 spendete die Gemeinde einige Kreuzer für
„Wachsstöcke und Totengesang".

Soziologie der Armut

Zur Rekonstruktion des kommunalen Armenversorgungssystems bietet
sich die Auswertung der Steuerkataster und Armenlisten an. Fallbeispiel
Rammersweier: Die Armenlisten73 dokumentieren, welche soziale Gruppe
davon betroffen wurden. Beim Versuch der Rekonstruktion des Systems
der Armenpolizei tauchen größere quellentechnische Schwierigkeiten auf,
da die Daten z. T. ungenau sind. Zum einen muß in einigen Fällen die
Richtigkeit der Angaben über die Ortsarmen angezweifelt werden, zum anderen
bleibt oftmals die Angabe der Unterstützungsdauer hinter einer Menge
von Zahlen verborgen.

Innerhalb der Gruppe der „unterstützungswürdigen" Dorfarmen finden
sich überraschenderweise nicht allein vermögenslose oder arme Dorfbe-

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