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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
74. Jahresband.1994
Seite: 475
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Kanonen Straßburgs, die in der Tat bis über Kehl hinaus reichten, und war
doch die Besatzung allein von Straßburg stets so stark, wie beinahe die
ganze badische Division. Ein sofortiger Einbruch in das badische Land von
Straßburg aus war daher bei einem Kriegsausbruche mit Bestimmtheit zu
gewärtigen. Namentlich war auch ein rascher Vorstoß durch das Rench-
oder Kinzigtal über den Kniebis hinüber, die gewohnte Einfallsroute der
französischen Heere in früherer Zeit, zu befürchten, mit der Absicht, durch
dieses rasche Vordringen die süddeutschen Staaten vielleicht noch in letzter
Stunde zur Neutralität in dem Kampfe zu zwingen, der sich nach dem
Kriegsanlaß (Erwählung eines Hohenzollernprinzen für den spanischen
Thron) nach französischer Auffassung zunächst nur als ein Krieg zwischen
Frankreich und „Preußen" charakterisierte. Kein Wunder, daß sich meine
Schwiegermutter, die sich mit ihrer jüngsten Tochter Anna in jenen Tagen
in dem friedlichen Kniebisbade Antogast aufhielt1, sehr um den weiteren
Gang der Dinge sorgte. Sie schrieb mir, ob sie nicht besser heimkehren
solle, denn bei einem Kriegsausbruche würden sie in dem entlegenen Winkel
von aller Welt abgeschnitten sein und außerdem vielleicht aus dem
eben entwickelten Grunde den ersten Vorstoß der Franzosen durchzumachen
haben, was sich auf dem Lande selbstverständlich viel schlimmer
abspiele als in der Stadt. Ich suchte sie zu beruhigen, riet ihr in Antogast
zu bleiben, da ich überzeugt sei, daß es den diplomatischen Verhandlungen
und Bemühungen wohl gelingen werde, den Kriegsausbruch zu verhindern
, wie dies ja auch drei Jahre vorher, im Jahre 1867, bei dem Luxemburger
Handel der Fall war. Diese Überzeugung war auch ganz allgemein
vorhanden. Der Laie in politicis, der nicht hinter die Kulissen sah und dem
der tiefere Grund des zur Notwendigkeit gewordenen Waffenganges zwischen
Frankreich und Deutschland verborgen blieb, vermochte es nicht zu
fassen, daß der äußerliche, uns so ferne liegende und gleichgültige Anlaß
zu der kriegerischen Verwicklung (die spanische Thronfolge) in der Tat
zum Kriege zwischen Frankreich und Deutschland führen könnte und würde
. Das Verständnis für die Bismarck'sche Politik fehlte noch gänzlich.
Nur eines stand sicher und wurde als unumstößliche Gewißheit empfunden
, daß, wenn es zum Kriege kommen sollte, derselbe unbedingt die süddeutschen
Staaten, vor allem Baden, an der Seite Preußens finden müßte.

Das Ungewitter schien sich auch in der Tat verziehen zu wollen. Der Fürst
von Hohenzollern verzichtete auf den spanischen Thron. Damit schien der
Anlaß zum Kriege beseitigt, Frankreich befriedigt. Man atmete auf. In Antogast
feierten sie den gesicherten Frieden mit Sekt! Da platzte am 14. Juli
die Emser Depesche wie eine Bombe ins Haus, und es gab keinen Zweifel
mehr. Das war der Krieg! Ich ging abends noch in meine Herrengesellschaft
, die „Bärengesellschaft", in der man stets das Allerneueste durch
den Redakteur der Karlsruher Zeitung, Dr. Krönlein, vernahm2. Auch hier

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