http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1994/0571
Zeit liegt noch nicht allzuweit zurück, wo das Wort Bauer gewissermaßen
ein Schimpfname war." Dann pries der Obstbauinspektor den Aufstieg des
Obstbaues seit der Machtübernahme durch die NSDAP, um schließlich
emphatisch seine Rede mit den Worten ,,[d]ie Morgenröte wurde ihm
[= dem Obstbau] von Seiten des Führers geboten" und Aufgabe des Obstbaues
und Nährstandes sei es, diese „Morgenröte zu herrlichem Sonnenschein
auszubauen", zu beenden.147 Es darf hinsichtlich der Wirkung auf
die Landwirte sicher nicht unterschätzt werden, daß Fachleute, die schon
seit vielen Jahren im Bezirk tätig (und bekannt) waren, nun unter dem neuen
Regime einen grundlegenden Wandel zum Besseren erwarteten. An anderer
Stelle erklärte der Obstbauinspektor, daß es die „Aufgabe des Obstbaues
" sei, das „Bestreben des Führers, uns in der Ernährung immer mehr
frei vom Ausland zu machen, zu unterstützen."148 Vor 1933 hatte Hopp
sich stetig um die Besserung der Absatzverhältnisse im Interesse der Obsterzeuger
bemüht. Jetzt standen übergeordnete, politische Absichten im
Mittelpunkt seiner Argumentation. Ob es sich hier um ein Indiz für eine
grundlegende Verlagerung der Zielsetzung im Bereich der Obstbauförderung
handelt, wird in der Darstellung der Marktordnung zu diskutieren
sein. Diese Frage ist um so berechtigter, als es schon vor 1933 Verknüpfungen
staatlicher mit privatwirtschaftlichen Interessen gab.
4.4 Die Marktordnung im Bereich des Obstbaus
4.4.1 Der Aufbau der Marktordnung
Im Jahr 1934 waren die Märkte aufgrund einer „Vollernte" (besonders bei
Frühzwetschgen) „stark überschwemmt" worden.149 In den Berichten der
Landesbauernschaft war im August des Jahres von (landesweiten) „Absatzschwierigkeiten
" und „Preisstürzen" die Rede.150 Tab. 2 zeigt, daß diese
Aussage, außer bei den Erdbeerpreisen, zutraf.151 Nun war die „kommende
Marktregelung für den Obstabsatz", durch die man sich eine grundlegende
Besserung erhoffte, im Gespräch.152 Aber nicht nur der Preisverfall
beschäftigte die zuständigen Fachleute, auch ein überdurchschnittlicher
Preisanstieg sollte verhindert werden. Bei den im Bezirk Bühl hierfür
zuständigen Entscheidungsträgern scheint dieser Aspekt im Vordergrund
getanden zu haben. Obstbauinspektor Hopp klagte über den starken Preisanstieg
bei Erdbeeren im Juni 1935. Die Ursache lag nach Hopp in einer
geringen Ernte, die von ortsfremden Händlern aufgekauft wurde. Durch
die Einführung einer Marktordnung sollten diese künftig ferngehalten werden
.153 Die hierfür zuständige Stelle erhielt am gleichen Tag einen Brief
Ewalds, in welchem auch dieser auf eine möglichst rasche Errichtung einer
Marktordnung drängte. Die hohen Preise für Obst seien zwar für die Erzeuger
„sehr erfreulich", für die Verbraucher und den Handel jedoch „nicht
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