Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
74. Jahresband.1994
Seite: 657
(PDF, 127 MB)
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sprechen könne, die schon vor dem Dritten
Reich das Wesen der Kommunalpolitik
bestimmte. Die Herrschaft der traditionellen
Kräfte sei allerdings in Offenburg
durch die auf grundlegende gesellschaftliche
Veränderung drängenden Gruppierungen
nie ernsthaft gefährdet gewesen. Zu
diesen Gruppierungen zählte auch Rohtraut
Weckerle-Geck, auf deren Aktivitäten
bei der Bildung von Parteien und insbesondere
bei der Gründung einer Gewerkschaft
der Angestellten Köhler mehrfach
eingeht. Ein dokumentarischer Anhang
von fast 50 Seiten und die Protokolle
der Gespräche mit Klaus Faller (CDU).
Rudolf Moßbrugger (CDU. ehem. Bgm.)
und Ludwig Denz (DKP) ergänzen
Köhlers Auseinandersetzung mit der Vergangenheit
, die Ruef als außerordentlich
wichtige Aufgabe erachtet.

Dr. Erwin Dittler

Werner Köhlers Studie wurde bereits
1980 als Examensarbeit am Historischen
Seminar der Universität Freiburg abgeschlossen
. 1982/83 wurde sie nochmals
überarbeitet. Daß sie jetzt erst im Druck
erschien, hat mit verlegerischen Schwierigkeiten
zu tun. Die Forschungsergebnisse
Köhlers sind jedoch auch nach über
zehn Jahren nicht überholt, obwohl er
nicht alles zur Verfügung stehende Quellenmaterial
ausgewertet haben dürfte.
War die unmittelbare Nachkriegszeit in
Offenburg ein echter Neubeginn, oder war
sie eine Restauration? Köhler ist der Ansicht
, daß es legitim sei. von einer Restauration
von politischen Strukturen zu sprechen
, die schon vor dem Dritten Reich das
Wesen der Offenburger Kommunalpolitik
bestimmt hätten. Das Anliegen, den deutschen
Faschismus rational aufzuarbeiten,
sei in den ersten Nachkriegsjahren auch in
Offenburg zu kurz gekommen. Das französische
Besatzungsregime, die große
wirtschaftliche Not, die fehlerhafte und
willkürliche Entnazifizierung hätten dazu
beigetragen, daß bei der Bevölkerung eine

gewisse Resistenz geweckt worden sei.
Allerdings wird das Thema Entnazifizierung
von Köhler nur sehr kurz behandelt:
denn bei Ausschöpfung aller Quellen hätten
gerade bei diesem „heiklen" Thema
eindeutigere Ergebnisse erzielt werden
können, wie dies bei neueren Untersuchungen
der Fall ist (Vgl. Reinhard Groh-
nert. Die Entnazifizierung in Baden
1945-1949, Stuttgart 1991). Einzig breiter
angelegtes Beispiel der Entnazifizierungsmaßnahmen
in Offenburg ist der „Fall
Burda", mit dem Köhler „exemplarisch
die starke Interdependenz zwischen
Durchführung der Entnazifizierung und
dem Wieder- bzw. Neuaufbau der deutschen
Wirtschaft" aufzeigen will.
Der Alltag der Offenburger Bevölkerung
unter der französischen Besatzung erscheint
in der Schilderung Köhlers ziemlich
blaß. Auch hier hätte er von einer
breiteren Quellenbasis ausgehen und vor
allem die Dokumente im französischen
Besatzungsarchiv in Colmar auswerten
müssen. Bedrückend ist das Kapitel „Deportierte
und Fremdarbeiter", in dem
Köhler den schlimmen Ereignissen der
Nacht vom 3. auf 4. Mai 1945 nachgeht,
in der durch die Explosion von Zeitminen
in der Ihlenfeldkaserne, die von abziehenden
deutschen Truppen gelegt worden waren
, 114 schlafende russische Zwangsarbeiterinnen
und Zwangsarbeiter getötet
worden waren.

Köhler untersucht vor allem auch die Frage
, weshalb sich kurz nach Kriegsende
trotz aller Möglichkeiten „alternative demokratische
Bewegungen" in Offenburg
nicht etablieren konnten. Er analysiert in
diesem Zusammenhang die Aktivitäten
der Antifa Offenburg, der antifaschistischen
Bewegung „Das neue Deutschland"
und der FDJ („Freie demokratisch/deutsche
Jugend") Offenburg. An ihrem
Scheitern ist nach Köhler die Obstruktionspolitik
der französischen Besatzungsmacht
, die verstärkt einsetzende Arbeit in
den Parteien und Gewerkschaften sowie
der Widerstand konservativer Lokalpoliti-

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