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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
76. Jahresband.1996
Seite: 187
(PDF, 127 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1996/0187
Von den 31 Bürgermeistern, die Pfarrer Neßler von 1753-1784 aufgezeichnet
hat, sind nur 25 in den Spenderlisten zu finden. Welche Gründe auch
immer die Lücke erklären mögen (Tod, Wanderschaft der Junghandwerker,
die später Bürgermeister wurden), wir dürfen die Zahl 25 jedenfalls auf die
Zahl der wählbaren Bürger (verheiratet, kein Amt bei Herrschaft oder Gemeinde
) beziehen (74!), die sich aus den Listen ergibt. Ein aktives und passives
Wahlrecht hatten nur die „Hausväter", nicht aber die ledigen Männer.
Die 31 Bürgermeister waren zu zwei Drittel Handwerker (21), 4 waren
Bauern, 2 Taglöhner. Zum Rest gehörten ein Wirt, ein Speichermeister und
Männer ohne Berufsangabe. Nach den Zahlen der Spendenliste (25:74)
hätte also jeder dritte, verheiratete Mann die Chance gehabt, Bürgermeister
zu werden. Wenn man aber von den 74 Bürgern diejenigen wegdenkt, die
nicht die erforderliche Routine mit dem Rechenstift aufwiesen, wie sie das
Amt erforderte, dann kann man sagen, daß fast jeder zum Bürgermeisteramt
befähigte Bürger damit rechnen konnte, einmal in seinem Leben dieses
Amt zu bekleiden.

Standesvorurteile gab es nicht, so daß auch zwei Taglöhner Bürgermeister
wurden (1764 Johannes Herrmann, 1771 Matthias Lott).

Eine andere Trennlinie, die die wählbaren Bürger in zwei Gruppen teilte,
machte sich aber schon bemerkbar:

1. Die Bürger (33), die mindestens zwei, meist drei Gulden spendeten.

2. Die Bürger (41), deren Spende unter der obigen Grenze lag, manchmal
nur einige Schillinge betrug.

Die erste Gruppe stellte 19 der 25 Bürgermeister der Spendenliste, das sind
76%. Die zweite Gruppe (41), obwohl größer, stellte nur 6 Bürgermeister,
das sind 24%.

Wenn die Höhe der Spende als Indikator für die Einkommensverhältnisse
eines Bürgers gelten darf, so kann man aus obigen Zahlen den Schluß ziehen
, daß sich auch in Lichtenau aus dem höheren Einkommen eine höhere
Reputation ergab, eine durch und durch bürgerliche Lebensauffassung. Sicher
war bei der Wahl auch der Gedanke mit im Spiel, daß im Falle ungetreuer
Amtsverwaltung ein vermögender Bürgermeister eher zur Wiedergutmachung
herangezogen werden könnte als einer mit leeren Taschen.

Durch die breite Streuung dieses Amtes, das praktisch jeden politisch interessierten
Bürger einmal erfaßte, wurde eine starke Verwurzelung in der
Gemeinde bewirkt. Der Bürgermeister konnte es sich notfalls leisten, gegen
die gesamte lokale Verwaltung aufzustehen, und war sich dabei des
Rückhaltes in der gesamten Bevölkerung gewiß. Diese bestand nicht nur

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