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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
76. Jahresband.1996
Seite: 191
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1996/0191
Die Regierung glaubte, mit dieser Prozedur den Gerichtsleuten Genugtuung
verschafft zu haben, und gab ihnen acht Tage Zeit, ihr Rücktrittsersuchen
zu überdenken. Nach dieser Frist traten trotzdem fünf der sieben Gerichtsleute
von ihrem Amt zurück. Die Regierung, die damit offenbar nicht
gerechnet hatte, war sehr verärgert, gewährte zwar den Abschied, reduzierte
aber die Zahl der Lichtenauer Schöffen von sieben auf vier und bestellte,
um die verkleinerte Körperschaft zu vervollständigen, zwei neue Schöffen
(Valentin Specht und Joh. Georg Lauppe junior).

Nach der Auffassung der Regierung galt offenbar für einen Gerichtsschöffen
dieselbe Treuepflicht wie für einen Soldaten. Dieser könne zwar seinen
Abschied verlangen, er kann es aber nicht während der Schlacht tun.
Befindet sich ein Gerichtsschöffe mit seinen Amtsgenossen in einer gravierenden
Auseinandersetzung, dann gilt für ihn dasselbe Verbot. Man
beachte, daß für beide Fälle dasselbe Wort (Abschied) verwendet wurde.
Bestehen Gerichtsschöffen trotzdem auf diesem Schritt, dann muß die von
ihnen vertretene Gemeinde die Sanktionen tragen.

Fünf Jahre nach dieser Affäre war es dann soweit, daß die Regierung dem
ungeeigneten Philipp Heinrich Schulmeister das Amt entzog8. Im Gefolge
des eben beschriebenen Streits wurde die Bürgermeisterwahl vom
27.12.1770 annulliert und zur Besetzung des im Augenblick sicher unpopulären
Postens der Taglöhner Matthias Lott gewählt.

Wie wir sahen, reagierten die Gerichtsschöffen sehr empfindlich auf Angriffe
gegen ihre persönliche Ehre und auf schädliche Eingriffe in die
Selbstverwaltung. Leider waren dieselben Männer weniger empfindlich
bei der Beachtung ihrer Amtsehre. Das geht aus der Klage hervor, die die
Gemeinden Lichtenau und Scherzheim gemeinsam gegen das Finanzgebaren
des Amts und des Gerichts wegen des Rathausneubaus, wie auch wegen
„unrechtmäßiger Diäten, Geldschneidereien und Zehrungen" gegen
diese Behörden (1768) erhob. Amtmann Schübler, Amtsschultheiß Schulmeister
und die Gerichtsschöffen waren der Versuchung der Selbstbedienung
erlegen, einem in jener Zeit weit verbreiteten Übel. Auf die Anklage
reagierte die Regierung prompt mit der Einsetzung einer Lokalkommission
von vier Personen unter der Leitung des Regierungsrats Kuder (August
1768). „Es ging dabei ziemlich scharf und unparteiisch her und kamen der
Hofrat und Amtmann Schübler und Amtsschultheiß Schulmeister sehr ins
Gedränge . . .".

Ein Jahr später (Sept. 1769) war der Prozeß abgeschlossen. „Herr Hofrat
und Amtmann Schübler wurde in eine Terz, Herr Amtsschultheiß in die andere
und die Gerichtsleute in die dritte Terz Unkosten condemniert. Alle

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