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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
76. Jahresband.1996
Seite: 302
(PDF, 127 MB)
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meinem Vater und Onkel Kugel - die er als „Federfuchser" und „Bureau-
kraten" als sehr minderwertig erachtete, möglichst zu imponieren und
ihnen und uns mit volltönenden Worten die Glückseligkeiten einer Republik
zu preisen." In Offenburg war er Mitglied des revolutionären Sicherheitsausschusses38
und als Parteigänger der Demokratie stadtbekannt - woraus
seine persönlichen und politischen Gegner ihm sofort nach dem Zusammenbruch
der Revolution einen Strick zu drehen versuchten, wie die nachfolgenden
Anklageakten beweisen. Trotz seines Einsatzes für die Offenburger
Demokratie blieb „Fabrikant Reindle" auch in den turbulenten
Wochen durchaus Geschäftsmann, der für die Nutzung der augenblicklich
darniederliegenden Glashütte zu sorgen hatte. Ja, er entwickelte gerade in
diesen Wochen zusätzliche Handelsgeschäfte, wie seine Offerten im
Wochenblatt erkennen lassen39.

Der Zusammenbruch des badischen Volksaufstandes riß auch Joh. Bapt.
Reindle in seine Strudel. Als am 1. Juli 1849 die letzten Revolutionstruppen
Offenburg verließen, wurde Reindle „gleich beim Einmarsch des
königl. preußischen Heeres" verhaftet40. „Sie haben in ihrem Hause eine
Guillotine aufbewahrt", nannte der preußische Offizier als Verhaftungsgrund
- eine Verdächtigung, die sich bei der anschließenden Hausdurchsuchung
als völlig haltlos erwies, so daß die Preußen Reindle wieder laufen
ließen.

So, vom 2. Juli bis zum 26. Juli formell in Freiheit, konnte Reindle „ungestört
" seinen Berufsgeschäften nachgehen", wie er in seiner späteren Verteidigungsschrift
betonte41. In Offenburg war nun aber die Stunde der Denunziationen
und der Hetze angebrochen. Ein anonymes Flugblatt „Rebellen
und Gaunerliste von Offenburg" machte die Runde und wurde den jetzt
herrschenden Gewalten zugespielt. Darin wurde Reindle als „getaufter
Jude, Aufbewahrer der Guillotine, Hauptspitzbube" gebrandmarkt42. So
kam, was kommen mußte: Am 26. Juli holte die badische Gendarmerie den
Fabrikanten Reindle ab, und diesmal sollte es 63 Tage dauern, bis er
wieder freikam. Inzwischen hatte Gustav Ree, früherer Bürgermeister und
Paulskirchenabgeordneter, der als Bürgermeister zurückgetreten war und
sich nun ganz seinem Rechtsanwaltsberuf widmete, die Verteidigung
Reindles übernommen. Rees Bemühen war es zu verdanken, daß am
22. September 1849 eine Anweisung nach Offenburg erging, Reindle zu
entlassen43. Schon zuvor - mit Wirkung des 16. August 1849 - hatte das
Großherzogliche Justizministerium die Vermögensbeschlagnahmung, die
gegen den Fabrikanten Joh. Bapt. Reindle „wegen Theilnahme an hochver-
rätherischen Unternehmungen" verhängt worden war, wieder aufgehoben44
. Sofort nach der - vorläufigen - Freilassung versuchte Reindle die
durch Revolution, Gefangennahme, öffentliche Ächtung und Kreditverlust

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