http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1996/0361
(8) Erschlagen auf Badens Fluren,
An Elbe und Nordseestrand,
Erschlagen auf Böhmen's Grunde,
Am Main und im Weserland.
(9) Erschlagen an Rhein und Mosel,
In Elsaß und Lothringerland,
Erschlagen auf Frankreichs Boden
Bis hin zu des Weltmeers Rand.
(10) Und es bebt und huscht und wispert
Und zischelt in Ost und West.
Wer hört's? Ohnmächtig verhallt es -
Der vergessenen Todten Protest.
(11) Es donnern die Kanonen
Durch Deutschlands Fluren mit Macht,
Die Freudenfeuer lodern
Von Berg zu Berg durch die Nacht;
(12) Es läutet mit allen Glocken
Das Volk, das Volk und lacht: -
O Volk, du hast Wilhelm den Zoller
Zum deutschen Kaiser gemacht!
(13) Du brachtest die „Einheit" zu Stande,
Die Einheit der Tyrannei,
Die Einheit der Schuld und der Schande -
O Volk, wann machst du dich frei?
|Das Original hat keine Strophenzählung; die Zahlen werden hier der besseren
Orientierung wegen eingefügt.]
Aus der 1. und 2. Strophe geht hervor, daß es sich bei der „Kaiserfeier" um
die Proklamation vom 18. Januar 1871 handelt. Das „fränkische Königsschloß
" ist das Versailler Schloß, „Wilhelm der Zoller" ist König Wilhelm I.
von Preußen, ein Hohenzoller.
Der Dichter setzt „Reich" in Anführungszeichen, um deutlich zu machen,
daß er sich von diesem Gebilde distanziert. „Die Deutschen" haben den
Kaiser ausgerufen; das Volk begrüßt die Proklamation mit Freudenfeuern,
Jubel und Lachen (Str. 11 und 12).
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