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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
76. Jahresband.1996
Seite: 388
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1874 wurde schon nichts mehr von ihm berichtet, wohl aber von teil weisen
Lohnverlusten der Arbeiterinnen, weshalb „Kinderarbeit deshalb nicht so
gesucht ist wie früher". Der Klassenkampf in seiner deutlichsten Form fand
lediglich im Brauch des „Blauen Montags" statt, ein ständiges Ärgernis für
die Arbeitgeber, zumal teilweise „auch noch der Dienstag im Bierhause zugebracht
" wurde. 1874 hatte die fortschreitende „Gründerkrise", d.h. die bis
dahin schwerste Wirtschaftskrise, die der deutsche Kapitalismus kannte, die
Arbeiterschaft fest im Griff. Streiks wurden keine gemeldet, dafür aber häufige
„Kontraktbrüche". Dennoch blieb die Entwicklung nicht stehen, die
junge Arbeiterbewegung glich einem ständigen Anrollen der Flut, bis der
Damm brach. So erfahren wir zum Beispiel, daß der Arbeiterbildungsverein
in eine Krise geraten war, und ein neuer von 25 Fabrikarbeitern gebildet
wurde, „die ausdrücklich nichts mit dem bestehenden Arbeiterbildungsverein
zu tun haben wollen". Gleichzeitig aber, eine Tendenz, die besonders im
zwanzigsten Jahrhundert noch von großer Bedeutung sein wird, ein erneuter
Spaltungsversuch: Der kaufmännische Verein „Merkuria" wurde gegründet
und organisierte hauptsächlich Lehrlinge und Commis'. Bis zum Erlaß des
Sozialistengesetzes 1878 bleibt es ruhig in Lahr. Die Löhne sind etwas, wohl
aber nicht so stark wie in anderen Landesteilen gesunken und Massenentlassungen
konnten vermieden werden.

Anfang der achtziger Jahre verschärfte sich die Lage. Die Lebensweise der
Arbeiter nahm immer stärker proletarische Züge an, die sozialen Grenzen
verhärteten sich. Ein Auszug aus dem Jahresbericht von 1881: „Die guten
Stammarbeiter haben es meist zum Gewerbe auf eigene Rechnung gebracht
und immermehr wird die Arbeiterbevölkerung von nah und fern zusammengewürfelt
, der der Unterstützungswohnsitz fehlt, oder die mit ihren
Familien 2 Jahre sich am Platze aufhalten, um bald darauf die öffentliche
Armenpflege in Anspruch zu nehmen. Darunter leidet die gute Sitte des
Sparens und an ihre Stelle tritt immer mehr die Unsitte des Trinkens
während der Arbeitszeit [...]. Die Mietwohnungsverhältnisse der Arbeiter
sind ziemlich gut, aber die Sittlichkeit der Arbeiter in ihrem Familienkreis
lockert sich mehr und mehr, namentlich fehlt es an der wichtigen elterlichen
fürsorglichen Erziehung der Kinder und geht der Verbrauch auch an
geistigen Getränken im Hause über den Verdienst. Damit ergibt sich auch
eine allgemeine vorherrschende Unzufriedenheit, der Neid auf die Vermöglichen
." Und unter diesen Umständen sollte die Sozialdemokratie keine
Chance gehabt haben? Wenn es sie zu dieser Zeit in Lahr kaum gab,
hatte das wohl andere Gründe: „Wenn wir unter den Democraten socialde-
mokratische Elemente verzeichnen26, so führt sich dies doch nur auf die
strenge Controlle, welcher die Fabrikarbeiter der überwiegenden Zahl der
Fabrikherren und der Sicherheitsorgane sich überwacht fühlen"27 - so das
Bezirksamt.

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