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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
76. Jahresband.1996
Seite: 438
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die Rechte, die ganz blaß und in sich zusammengeduckt und immer kleiner
und isolierter in ihrer Ecke saß"4. Daneben warb Erzberger mit einer Vielzahl
von Schriften zu drängenden Tagesproblemen in der Öffentlichkeit für
seine Ideen5. Seinen fundierten Finanzkenntnissen verdankte er im Jahre
1904 die ehrenvolle Berufung in die Budgetkommission, wo er maßgeblich
an der Reform der Militärpensionen mitarbeitete. Wann immer ihm
Mißstände bekannt wurden, prangerte er sie schonungslos an. Ins Visier
seiner Vorwürfe geriet in erster Linie die Kolonialverwaltung, wo Grausamkeiten
gegenüber Eingeborenen, Veruntreuungen und Vetternwirtschaft
aufgedeckt wurden6. Da mußte der Direktor der Kolonialabteilung des
Auswärtigen Amtes, Prinz von Hohenlohe, mitsamt seinem Berater, dem
Nationalökonomen Karl Helfferich, das Amt niederlegen. Im Gegenzug erwuchsen
Erzberger dadurch neue Feinde, wie die zunehmende Zahl publizistischer
Angriffe gegen seine Person erkennen ließ.

Bei den Reichstagswahlen der Jahre 1907 und 1912 wurde Erzberger wiedergewählt
. Nach der letzten Wahl hat ihn die Zentrumspartei in ihren
Fraktionsvorstand aufgenommen. Geschwächt war sie aus den Wahlen hervorgegangen
, jetzt waren die Sozialdemokraten die stärkste Partei im
Reichstag geworden. Der Abgeordnete Erzberger wetterte: „Der Hauptwert
des Zentrums aber liegt darin, daß es unser Vaterland vor plötzlichen parteipolitischen
Erschütterungen schützt, daß es für eine gewisse Stetigkeit
in der inneren Politik sorgt und einen Ausgleich zwischen den Extremen
der Rechten und der Linken darstellt; dabei ist es ein starkes Bollwerk gegen
die Sozialdemokraten."7 Doch mehr und mehr überlagerten hinfort
außenpolitische Spannungen die parlamentarischen Aktivitäten. Schon
nach Bismarcks Entlassung war der RückVersicherungsvertrag mit Rußland
nicht erneuert worden, so daß die große östliche Macht neue Bundesgenossen
im Westen suchte. Die imperialistische Flotten- und Kolonialpolitik
Wilhelms II. forderte England heraus, in Frankreich gedieh unter
Poincare der Revanchegedanke. Auf deutscher Seite dachte man nicht an
Annäherung und Verständigung mit den Nachbarstaaten, sondern gefiel
sich in säbelrasselndem Aufrüsten. Erzberger teilte in jenen Vorkriegsjahren
durchaus die deutschnationale, monarchistische Verblendung, die den
tödlichen Zusammenprall mitverschulden sollte. Demgemäß befürwortete
der Abgeordnete eine Heeresverstärkung, stimmte für die Flottennovelle,
machte sich stark für die neu aufkommende Militärluftfahrt. Ein Krieg war
da vorprogrammiert.

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