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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
76. Jahresband.1996
Seite: 443
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sich nicht anschließen, da sie Koffer packen wollte für die am nächsten
Tag geplante Abreise. Gegen 10 Uhr schritten die beiden Politiker in angeregter
Unterhaltung die ansteigende Landstraße in Richtung Kniebis
hinauf17. Nach einiger Zeit bemerkte Diez in einer tiefer gelegenen
Straßenbiegung zwei junge Männer, die in etwa 50 m Abstand folgten. Er
beobachtete, wie sie kurz anhielten, um sich zu besprechen, danach bergauf
weiterliefen. Sodann überholten die jungen Leute raschen Schrittes und
grußlos die zwei langsamer ausschreitenden Spaziergänger. In Höhe der
Grandecker Hütte bei Straßenkilometer 15 kehrten Erzberger und sein Begleiter
um und machten sich auf den Rückweg. Diez ging links, Erzberger
rechts von ihm. Es war jetzt 11 Uhr. In der engen Straßenkurve bei Kilometerstein
14,1 gewahrte Diez, daß die zwei recht elegant gekleideten jungen
Leute ebenfalls kehrtgemacht hatten und ihnen dichtauf folgten. Und
schon standen sie vor den erschreckten Spaziergängern, ein jeder der Verfolger
richtete einen Revolver gegen Erzbergers Kopf. Schüsse krachten.
Diez schlug mit dem Regenschirm gegen den nächststehenden Schützen,
woraufhin er von einer Kugel getroffen zu Boden stürzte. Dabei vernahm
er, wie ein zweiter auf ihn gerichteter Schuß abgegeben wurde. Nach einiger
Zeit gelang es Diez, sich aufzuraffen. Er entdeckte auf der Fahrbahnmitte
eine breite Blutspur, die nach rechts den Abhang hinabführte. Etwa
20-30 m unterhalb des Straßenrandes lag Erzberger am Fuße eines Baumes
, ersichtlich war er mit letzter Kraft talwärts geflüchtet. Diez stieg zu
ihm hinab und mußte erkennen, daß sein Freund tot war18.

Diez mag eine Minute bei dem Ermordeten verharrt haben, als er die Täter
etwa 50-80 m oberhalb seines Standortes zwischen Waldbäumen erblickte.
Nun versuchte er, sich in Sicherheit zu bringen. Mühsam kroch er die Böschung
hinauf zur Landstraße. Hier traf er auf einen weiblichen Kurgast
aus Griesbach. Er berichtete von dem Anschlag und der erlittenen Verwundung
, bat die Dame, ihn nach Griesbach zu begleiten. Ihre abweisende Reaktion
: „Wie konnten Sie nur mit Erzberger zusammen spazieren!" Abstand
haltend lief sie neben Diez her, leistete auch keinerlei Hilfe, als er
sich in einem Schwächeanfall niedersetzen mußte. Unter Schmerzen erreichte
der Verletzte gegen 11.30 Uhr Griesbach, wo er erst einmal Sorge
trug, daß Frau Erzberger so schonend wie möglich unterrichtet wurde.
Dann begab er sich in ärztliche Behandlung, denn ein Geschoß hatte seinen
linken Oberarmknochen zertrümmert und steckte nahe der Wirbelsäule
in der Lunge19. Zur genauen Feststellung der Todesursache Erzbergers
fand am 27. August im Spital von Oppenau eine gerichtliche Leichenöffnung
statt. Durchgeführt wurde die Sektion vom Bezirksarzt aus Oberkirch
im Beisein eines Gerichtschemikers und weiterer Ärzte. Es ergab sich, daß
das Opfer von acht Schüssen getroffen worden war: Zwei gingen in den
Kopf, einer in die Brust sowie ein weiterer Prellschuß in die linke Brustsei-

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