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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
76. Jahresband.1996
Seite: 466
(PDF, 127 MB)
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Im selben Moment exlodierte eine Granate im Hof der Banque de France
gegenüber dem Rathaus. Alle nahmen sofort flache Deckung auf dem Fußboden
ein, nur de Lattre und Oberbürgermeister Frey nicht. Als es wieder
ruhig geworden war, sagte de Lattre in dem ihm üblichen königlichen Tonfall
: „Messieurs, c'etait la derniere" (Meine Herren, es war die letzte).

Das stimmte, denn am darauf folgenden Tag waren die Geschütze von
Oberkirch erstürmt. Diese Begebenheit hat mein Vater miterlebt, und von
den damaligen Anwesenden lebt noch ein Zeuge, der mir diese Geschichte
bestätigt hat.

Aus der letzten Zeit der deutschen Okkupation Elsaß-Lothringens und
Straßburgs ließen sich noch viele andere Themen finden, die hier abgehandelt
werden könnten, wäre dafür noch Zeit und Raum, Themen wie Pimpfe
, Hitlerjugend, Bund Deutscher Mädchen BDM, Reichsarbeitsdienst
RAD, Flakhelfer u.a. Insbesondere zeigten Maßnahmen zur kulturellen
Umschulung, zur „Entwelschung" von Land und Leuten zugunsten einer
Eindeutschung und zur rassistischen Säuberung an, daß das in Wirklichkeit
annektierte Elsaß-Lothringen auch staatsrechtlich bereits wie ein Teil des
Deutschen Reiches behandelt wurde. Aus diesem Themenkomplex soll
hier noch ein spezielles Thema herausgegriffen werden:

Die „Entrümpelung" der Bücherschränke im Elsaß. Diese Verordnung7
hat wie kaum eine andere bei den nach 1870 geborenen Elsässern, die in
beiden Kulturen, der französischen und der deutschen zu Hause waren und
die durchaus auch die politischen Fehler Frankreichs gegenüber dem Elsaß
zwischen den Jahren 1919-1930 tadelten, den Glauben zerstört, die Deutschen
von 1940 hätten noch die gleiche Kultur wie die der Zeit vor 1914.
Die „Entrümpelung" hat bei diesen Elsässern weit mehr als nur Enttäuschung
ausgelöst; sie hat dazu geführt, die kulturellen Brücken zu diesem
neuen Deutschland zu sprengen. Seitdem ist es nicht mehr so wie damals,
als viele Privatbibliotheken sowohl aus deutschen wie aus französischen
Büchern zusammengesetzt waren, die Werke Goethes und Schillers neben
denen von Uhland, Grimm und Körner standen, aber auch neben denen
von Hugo, Lamartine und Voltaire und von Corneille, Moliere und Racine;
mit anderen Worten: Weltliteratur von französischen neben der von deutschen
Autoren stand. Auch der heutige Bücherfreund und Bibliophile wird
nachempfinden, wie dem zumute ist, der von einem Tag zum anderen seine
Bibliothek zu „entrümpeln" und alle Bücher französischer Autoren,
manchmal in ledergebundenen Prachtexemplaren, abzugeben hat. Das
bricht das Herz jedes Bücher- und Literaturfreundes und läßt ihn ein Licht
aufgehen über diese neue Herrschaft, die dergleichen anordnet und die

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