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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
76. Jahresband.1996
Seite: 484
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Jeckeln hatte bei seinem Eifer Rücksicht zu nehmen auf die Folgen bei den
Tätern: die Massenerschießungen riefen unter den Angehörigen der Kommandos
„Gemütsstörungen" hervor, so daß sie schlecht zielten. Sehr viele
ließen sich versetzen. Einige weigerten sich, bei Erschießungen mitzumachen
. Manche wurden von Jeckeln als Feiglinge beschimpft59 und durften
in die Heimat zurückkehren oder an die Front. Die Wahl fiel ihnen leicht -
Hauptsache weg vom Gemetzel. An der Front geschah wohl weniger Belastendes60
.

Sowohl Jeckeln als auch sein Chef Himmler wußten, daß sie mit Freiwilligen
,arbeiten' mußten61. Wer die Belastungen nicht durchstand, vielleicht
aus Gewissensgründen, wurde ausgetauscht. Dabei hatte eine Weigerung
meist keine Folgen62.

Der Hüter des Rechts

In der Anklage des obersten Militärstaatsanwalts der Roten Armee vom Januar
1946 gegen insgesamt acht Mitglieder der deutschen Führung im Baltikum
war auch von Jeckelns Leitung sämtlicher Straforgane auf dem besetzten
Gebiet von Lettland, Litauen und Estland bis Dezember 1944 die
Rede. Jeckeln hatte eingeräumt, (nichtjüdische) Sowjetbürger seien verhaftet
worden, weil sie „gegen uns Okkupanten eingestellt" waren. Die Zahl
der aus politischen Motiven Verhafteten schätzte er auf 20 000 in Lettland,
20 000 in Litauen und 10 000 in Estland63.

Neben den Massenerschießungen und Jagden in Wäldern und Sümpfen
gab es auch ein „geordnetes Rechtswesen" mit Gerichtsverfahren. In Riga
gab es ein Kriegsgericht der SS und Polizei. Dem HSSPF stand das Nachprüfungsrecht
für die Urteile und das Begnadigungsrecht zu. Nur in zwei
Fällen mußte Jeckeln in Berlin vorher um Genehmigung bitten - als es um
die Erschießung von Generälen ging64.

Jeckeln glaubte aber auch im Reichsgebiet über dem Recht zu stehen. Das
belegt der Klagebrief des dienstältesten Richters beim SS- und Polizeigericht
Berlin vom Januar 1942. Ein von diesem Gericht verurteilter und aus
der SS ausgestoßener Mann war von Jeckeln zum SS-Unterscharführer
(Unteroffizier) befördert und für das Kriegsverdienstkreuz vorgeschlagen
worden. Der SS-Richter war sehr verbittert über diese Mißachtung und erklärte
sich die Vorgänge mit den „jetzigen Verdiensten" des Verurteilten.
„Sie sind in dessen häufiger Hinzuziehung zu Judenaktionen zu
erblicken."65

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