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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
76. Jahresband.1996
Seite: 614
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Meier fühlte sich hier zunächst sehr wohl. Wo sonst, wenn nicht in seinem
Heimatdorf hätte er nach den Strapazen der Kriegsgefangenschaft besser
zu sich selbst kommen können? Für eine Weile war er froh.

Dann freilich blieb ihm eine langsame Ernüchterung nicht erspart. Fragen
gegenüber der jüngst zurück liegenden NS-Zeit und Scham über die Verblendung
begannen ihn gelegentlich einzuholen. Aber es war vor allem
auch die Wirklichkeit des Dorflebens, die eben doch eine andere war, als
die, die Meier sich in seiner städtischen Zeit erträumt hatte. Das mußte er
jeden morgen schon sehr direkt erfahren. Ins „Baierferdis", wie der alte, im
Dorf noch heute gebräuchliche Hausname von Annas Elternhaus lautete,
wurde damals noch in größerem Stil Landwirtschaft betrieben, und auch
Meier konnte sich bei der anfallenden Arbeit nicht ausnehmen. Jeden Morgen
kostete es ihn Überwindung, in den Stall zu gehen, um die Kühe zu
versorgen; kein guter Tagesbeginn für einen, der schöpferische Arbeit leisten
sollte. Körperlich besonders erschöpfend aber war für ihn immer die
Mithilfe bei der Ernte: „. . . es strengt mich so ungemein an, daß ich meine
ganze Haltung als Mensch verliere . . .", notierte er18. Immer wieder klagte
er darüber, daß nach solchen Arbeiten seine Hände zum Malen und zum
Zeichnen ein paar Nummern zu groß seien. Die Feinnervigkeit, die zum
Führen von Zeichenstift und Pinsel notwendig ist, und die zupackende Anspannung
der Körperkräfte beim Hantieren mit der Heugabel - in der Tat,
das geht nicht gut zusammen. „Beides, Bauer und Künstler, kann man
nicht sein . . ."19

Auch seine Arbeit als Graphiker stand nicht unter einem günstigen Stern.
Gewiß, in den ersten Jahren waren noch Aufträge zur Illustration von
Schul- und Kinderbüchern gekommen, und es gab auch wieder Kontakt zu
Leo Weismantel. Anfang der 50er Jahre aber wurde die Auftragslage
schwieriger; die Vorstellungen, die Meier vom Aussehen eines Schul- oder
Kinderbuchs hatte, paßten nicht mehr in die Zeit des beginnenden Wirtschaftswunders
. Und er war nicht mit jenem Geschäftssinn begabt, der es
ihm ermöglicht hätte, mit anderen Arbeiten das nötige Geld zu verdienen.
Als Freiberufler hatte er auch keine Aussicht auf Altersversorgung, und
bitter vermerkte er einmal, es gäbe nur eine Rettung aus dieser Not, „daß
Gott mich heimrufen würde bevor ich überhaupt in die gefürchtete Lage
komme . . ."20 Hätte er unter beruflichen Gesichtspunkten nicht doch vielleicht
besser in der Stadt bleiben sollen?

Der Mangel an gut bezahlten Auftragsarbeiten ließ jedoch Freiraum für etwas
anderes, nämlich für die freie Landschaftsmalerei. Der künstlerische
Samen, der in den Naturerlebnissen während des letzten Kriegsjahrs im
Südschwarzwald gepflanzt worden war: jetzt ging er auf. Und diese späte

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