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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
77. Jahresband.1997
Seite: 180
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bögen zwischen den Kreuzrippen geteilt; es sieht wie ein weitmaschiges
Rautennetz aus. Die Pfosten an der Wand empfangen schlichte monolithische
Säulchen ohne Gesimse und ohne Kapitelle. Das ganze Gewölbe wird
von den schlanken Strebepfeilern der Außenwand getragen. Alles strebt innen
zur Einheitlichkeit der Vision. Es herrscht ein eleganter vertikaler
Schwung ohne horizontale Teilungen. Dies war typisch für die Bürgergotik
, wie sich dieser Stil auch nennt, deren Vorbild die einfache hallenartige
Laienarchitektur war.

Die Schlußsteine des Gewölbes weisen auf die berühmten Förderer und
Stifter der Kirche hin - wissen wir doch, daß es den Chorherren an Geldmitteln
mangelte. Von West nach Ost sehen wir jeweils die Wappen des
Geschlechts von Neuenstein, des Markgrafen von Baden (möglicherweise
war es ursprünglich eher das Wappen des Geschlechts der von Schauenburg
)19 und der Bischöfe Rupprecht und Albrecht von Straßburg.

Weitere architektonische Merkmale sprechen für die große künstlerische
Begabung des Architekten, der, wie die Steinmetzzeichen auch zeigen,
der Urheber des Konzeptes der ganzen Kirche war20. Merkmale und Besonderheiten
der Lautenbacher Kirche sind die Gnadenkapelle und der
Lettner.

Die Errichtung der Gnadenkapelle mag ein besonderer Wunsch des Marienverehrers
und Straßburger Bischofs Albrecht von Bayern gewesen sein,
der 1480 einen Opferstock neben der Kapelle bauen ließ21. Das Straßburger
Münster, das auch Maria geweiht war, enthielt ebenfalls eine Gnadenkapelle
(1316) mit Opferstock und einen Lettner (1248)22. Doch im allgemeinen
gehörten Gnadenkapellen (als Wallfahrtsheiligtümer) vorzüglich
zu Marienwallfahrten so wie die Santa Casa in Loretto bei Ancona (1468),
die Gnadenkapelle in Einsiedeln (1465) oder auch die im Aachener Chor
(1450-55)23. Die Architektur der Gnadenkapelle mit ihren durchkreuzten
Bögen, Maßwerkfenstern, ihren mit Astwerk zugesetzten und von Firstblumen
gekrönten Wimpergen (Ziergiebel) suggeriert pflanzliche Formen. Im
Spätmittelalter wird nämlich die Architektur zur Skulptur, während die
Skulptur immer monumentaler, architektonischer wird, wie wir es an der
Madonna aus der Schule des Nikolaus von Leyden im Portaltympanon sahen
. Die Lautenbacher baldachinartige, rechteckige Gnadenkapelle, die an
dem Ort der früheren Holzkapelle steht24, ist höchst wahrscheinlich nach
dem Grundriß der Gnadenkapelle in der Wallfahrtskirche Einsiedeln gebaut
worden25. Beide Kapellen sind rechteckig, nach Süden im Kirchenraum
gerückt und weisen im Gewölbe dieselbe Rippenzeichnung auf. Heute
steht in der Lautenbacher Gnadenkapelle eine barocke Marienstatue.
Doch bis ins Jahr 1973 stand an ihrer Stelle (in Erinnerung an einen

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