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lend und stärkend für Geist und Seele; bei der engen Verzahnung von Geist
und Körper, von Krankheit und Sünde in der vormodernen Vorstellungswelt
konnten sich die Zuständigkeitsbereiche leicht vermischen und so
Christus als Apotheker - bzw. die einer Geistlichen Apotheke entnommenen
Objekte - auch für die Heilung und Bewahrung physischer Leiden fungieren
. Auch für Maria wurde - wenn auch sehr viel seltener - das Bild der
Apotheke oder der Apothekerin gewählt10, und der schlesische Reformator
Kaspar Schwenkfeld (1489-1561) läßt den Heiligen Geist als Apotheker
mit dem Arzt Jesus Christus zusammenarbeiten11.
Vor diesem Hintergrund entwickelte sich das Phänomen der Geistlichen
Apotheke. Analog zu Reiseapotheken, gefüllt mit pharmazeutischen Mitteln
, sammelte man Amulette und Devotionalien in einem passenden
Behältnis. Dabei waren die Übergänge vom rein geistlichen Einsatz als
Andachtsmittel zur ganz gezielten Verwendung als Medizin, z.B. durch
leibliche Einnahme, fließend und sind heute auch nicht mehr nachvollziehbar
, da bei vielen der Objekte beide Nutzungen überliefert sind. Das Nebeneinander
kirchlich legitimierter Segensmittel - die auch als Amulette
und Heilmittel gebraucht wurden - und außerkirchlicher Amulette wurde
nicht als Widerspruch empfunden. Auch in der hier besprochenen Geistlichen
Apotheke findet sich beides, wenn auch die Amulette nur durch die
Krebsaugen und den Stein vertreten werden12. Hinweise zum Gebrauch der
einzelnen Objekte lieferten verschiedene Bücher, z. B. Sammlungen christlicher
und nichtchristlicher Segen, Zaubersprüche und -mittel wie das
Sechste und siebente Buch Mosis, das Romanus-Büchlein oder eher naturwissenschaftlich
orientierte Werke wie Bewährte Arzney-Mittel für das
Rind-Vieh, Schaafe und Schweine, die bis Anfang unseres Jahrhunderts gedruckt
wurden. Vor allem mit Segnungen beschäftigte sich der in zahlreichen
Auflagen sehr verbreitete (Wahre) Geistliche Schild13.
Die »Fundumstände'
Die hier besprochene Geistliche Apotheke (Abb. 1) fand Gerhard Finkbei-
ner14 Ende der sechziger Jahre in einer Rumpelkammer auf dem Boden des
Fehrenbacherhofs im Schuttertal, Ortenaukreis. Der Hof ist seit ca. 350
Jahren im Besitz der Familie Fehrenbacher. Die angesehene Familie -
Franz Josef Fehrenbacher (1782-1849) war Bürgermeister - galt als religiös
und traditionsverbunden. Vermutlich geht die Geistliche Apotheke im
aufgefundenen Zustand auf die Generation Bernhard Fehrenbacher
(1825-1898) und Maria Anna geb. Volk (1830-1907) zurück.
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