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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
77. Jahresband.1997
Seite: 422
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dem Gelände des Holzlagerplatzes und des Kirchplatzes einen Stadtpark
anzulegen. Die finanzielle Grundlage für den Stadtgarten, der 1905 nach
den Plänen des Baden-Badener Landschaftsgärtners Kanders entstand, bildete
eine Stiftung der jüdischen Kaufleute Adolf und Karl Netter, die ihrer
Vaterstadt 5000 Mark spendeten. Die Familie Netter betrieb seit dem
frühen 19. Jahrhundert in Bühl eine Eisenhandlung, die später nach Berlin
verlegt wurde. Die Familie brachte es von einem kleinen Schrotthandel in
Bühl etwa ein Jahrhundert später zu einem der größten Unternehmen der
metallverarbeitenden Industrie in Kontinentaleuropa. Bemerkenswert ist
das gute Verhältnis der Familie Netter zur Stadt Bühl, das sich in wiederholten
Spenden äußerte. Die Gesamtkosten für den Stadtgarten beliefen
sich auf 10 000 Mark, die Hälfte der Ausgaben wurde von Adolf und Karl
Netter bestritten.

Der Bühler Stadtgarten ist ein kleiner Landschaftsgarten. Dieser Typus entstand
um 1720 in England. Er ist die übergreifende Stilform der Gartenkunst
des Klassizismus und der Romantik und stellte bis ins späte 19. Jahrhundert
eine der größten künstlerischen Herausforderungen dieser Epoche
dar. Im Landschaftsgarten spiegelt sich die Sehnsucht der Menschen nach
dem verlorenen Paradies und dem Wunschbild einer humanen und liberalen
Gesellschaft. In der Renaissance und im Barock war die Gartenarchitektur
einer strengen Symmetrie unterworfen. Die Natur wurde nach gestalterischen
Prinzipien geordnet. Höhepunkt dieser Gärten ist die Anlage
von Schloß Versailles unter Ludwig XIV, die Andre le Notre zwischen
1662 und 1700 schuf. Spiegelte der französische Barockgarten als Symbol
mathematisch-kosmischer Gesetzmäßigkeiten die hierarchische Staats- und
Weltordnung, so war der Naturbegriff der englischen Aufklärung untrennbar
mit dem neuen Freiheitsgedanken verbunden. Wo Freiheit aus dem Naturrecht
begründet wurde, konnte Natur selbst zum Freiheitssymbol werden
. Dies erklärt den Siegeszug des „englischen Gartens" durch Europa
seit der Zeit der Aufklärung.

Der Stadtgarten umfaßte ursprünglich nicht nur das heutige Areal, sondern
ebenfalls den Kirchplatz. Fotografien aus den 30er Jahren im Stadtgeschichtlichen
Institut der Stadt Bühl zeigen anstelle der Parkanlagen entlang
der heutigen Eisenbahnstraße bereits einen kahlen Platz. Das Erscheinungsbild
des Stadtgartens wird nicht allein durch seinen alten Baumbestand
und die Rasenflächen, sondern auch, wie bei Landschaftsparks üblich
, durch einige Bauwerke und Denkmäler bestimmt. Der polygonale
Musikpavillon aus Holz, dessen Plattform noch erhalten ist, wurde unverständlicherweise
in den 70er Jahren abgerissen. Zum Andenken an die
Brüder Netter wurde im Park ein Granitblock mit Bronzetafel errichtet.
Die Inschrift lautet: „Zum ehrenden Andenken an die hiesige Bürgersöhne

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