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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
77. Jahresband.1997
Seite: 554
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Krieges. Allerdings gelang es 12 westlichen Staaten, für ihre Verfolgten,
zu denen sie explizit auch die ehemaligen Zivilarbeiter zählten, in Bonn
Entschädigungszahlungen in Höhe von insgesamt 876 Millionen Mark
durchzusetzen; Frankreich erhielt 400 Millionen aus dieser Summe68.

Ehemalige Zwangsarbeiter aus Polen, der Sowjetunion und anderen Staaten
des Warschauer Pakts gingen jedoch leer aus, ebenso alle, die nach dem
Krieg nicht in ihre Heimat zurückgekehrt, sondern in Deutschland geblieben
oder emigriert waren. Ihnen gegenüber setzte die Bundesregierung auf die
biologische Lösung des Entschädigungsproblems. Nach Abschluß der
deutsch-polnischen Verträge 1970 zahlte Bonn an die polnische Regierung
lediglich 100 Millionen für Opfer medizinischer Versuche und 500 Millionen
für besonders geschädigte Opfer des Faschismus in Polen. Weitere 1,3
Milliarden Mark als Abgeltung für Versicherungsleistungen polnischer Arbeiter
in Deutschland überwies die Bundesregierung 1975 nach Warschau61*.

Die Frage der Entschädigung für polnische Zwangsarbeiter stellte sich erst
wieder, als 1991 beide Regierungen über den Grenzvertrag zwischen dem
nun vereinigten Deutschland und Polen verhandelten. Die Einrichtung einer
Stiftung für Härtefälle, die die polnische Regierung vorgeschlagen hatte
- lediglich eine Minimalforderung, die in der polnischen Öffentlichkeit
deshalb auf harte Kritik gestoßen war -, erklärte die Bundesregierung
zunächst für nicht verhandlungsfähig, da sie keinen Präzedenzfall für ebenfalls
zu erwartende Forderungen aus der Sowjetunion schaffen wollte70. Inzwischen
ist der Grenzvertrag in Kraft, Bestandteil sind auch Entschädigungen
für ehemalige Zwangsarbeiter. Allerdings kann man sie bestenfalls
als Trostpflaster bezeichnen: ganze 500 Millionen Mark ist die Bundesregierung
bereit zu zahlen. Da von 1,7 Millionen nach Deutschland deportierten
Polen nur noch etwa die Hälfte am Leben ist - ihr Durchschnittsalter
beträgt inzwischen 76 Jahre -, stehen dem Einzelnen höchstens 600
Mark zu71.

Mit den Nachfolgestaaten der Sowjetunion wurden 1992 doch noch Vereinbarungen
getroffen: Nazi-Opfer aus Rußland, der Ukraine und Beloruß-
land sollen insgesamt eine Milliarde Mark Entschädigung erhalten. Bei
diesem Zugeständnis gingen allerdings die Kriegsgefangenen leer aus, ausgerechnet
diejenige Gruppe, von der nicht einmal die Hälfte die Lager der
Wehrmacht lebend verließ. Kriegsgefangene möchte Bonn nur dann entschädigen
, wenn die GUS-Staaten sich im Gegenzug zu Zahlungen an ehemalige
deutsche Kriegsgefangene bereit erklären72.

Auch deutsche Firmen lehnten Entschädigungsansprüche ehemaliger
Zwangsarbeiter jahrzehntelang ab. Sie konnten sich dabei auf die Recht-

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