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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 106
(PDF, 141 MB)
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2. Durch eine aktive kommunale Sozialpolitik, verknüpft mit wirtschaftspolitischen
Zugeständnissen an das gegnerische Lager, konnte er Teile der
Konservativen an sich ziehen und diese schwächen.

Gustav Ree schaffte es, einen jahrelangen kommunalpolitischen Dauerstreit
zu beenden und die Notwendigkeiten wirtschaftlicher Modernisierung
mit seiner Sozialpolitik abzufedern. Der Konflikt hatte unter Rees
Vorgänger Löffler die Offenburger Stadtpolitik lange Zeit gelähmt. Sollte
Offenburg seine Zukunft in der Landwirtschaft sehen, wie dies die Offenburger
Opposition forderte? Ihre Vision war das Bild einer ländlichen, asketischen
und egalitär geprägten Gemeinde, die sich nach außen hin stärker
abgrenzt. Die Konservativen um Bürgermeister Löffler strebten hingegen
eine städtische Gesellschaft an, die sich durch Gewerbeförderung modernisieren
sollte. Eine weitere Schlüsselrolle spielte die Eisenbahn. Ree schaffte
einen Interessenausgleich: er setzte den von den Liberalen vor 1845
abgelehnten Straßenbau zum Bahnhof durch und unternahm gleichzeitig
einen neuen Anlauf in der Waldausstockung, mit anderen Worten der Zuteilung
von gerodeten landwirtschaftlichen Nutzungsflächen an die bedürftige
Bevölkerung.5

3. In der Religionsfrage gewann Ree durch die Unterstützung eines liberalen
Gegenkurses gegenüber ultramontanen Bestrebungen in Offenburg
weitere gemäßigte, aber kirchlich liberal denkende Bürger für seine Politik
. Hier sei an die religionspolitischen Auseinandersetzungen zwischen
dem konservativen Dekan Müller und dem reformkatholischen Prediger
Kuhn erinnert, in die sich Ree durch Petitionen und Versammlungen direkt
einmischte. Dabei scheute er vor Konflikten mit der Kirchenführung und
dem extrem konservativen Lager nicht zurück.6

4. Während der Agrarkrise 1846/47 zeigte Ree politische Entscheidungsfreude
, als er mit Zuckerbrot und Peitsche die örtliche Versorgungslage
meistern konnte.7 Beim Bäckerstreik am l. Oktober 1846, der nach einer
Senkung der Brottaxe ausbrach, reagierte Ree mit drastischen Maßnahmen,
wie z. B. der Versiegelung von Backöfen und Ausweisung von Lehrlingen.
Er hatte unter Beweis gestellt, daß er sich tatkräftig für das Wohl der gesamten
Gemeinde, vor allem der ärmeren Bevölkerung, einsetze, und das
über die Parteigrenzen hinweg. (Zwei Bäcker kamen aus dem entschiedenen
Lager). Ree machte der staatlichen Verwaltung vor, wie eine
Gemeindeführung auf eine Krisensituation reagieren kann. Durch eine eigene
Gemeindestadtbäckerei, versorgt mit importiertem amerikanischen
Mehl, und einer Suppenanstalt konnte wirksam Protestunruhen in der Stadt
entgegengesteuert werden.

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