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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 204
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Im Recursverfahren vor dem Oberhofgericht in Mannheim ein knappes
Jahr später erzielten Ignaz und Joseph Werner einen Freispruch, Schech
und Wilhelm Werner eine Herabsetzung der Strafe59. Der Referent, der den
Prozeß für das Berufungsgericht vorbereitete, übte heftige Kritik an der
mangelhaft gepflogenen Untersuchung durch die Ermittlungsbehörden und
der z. T. oberflächlichen Würdigung der Indizien durch die erste Instanz60.

Die Menschen und ihr Dorf

Die Wirtschaftsstruktur, eine wesentliche Grundlage für die Aufnahmebereitschaft
revolutionärer Ideen, dürfte sich in Appenweier kaum von ähnlich
großen Gemeinden unterschieden haben. 1849 wohnten 1500 Menschen
im Dorf, eine geschätzte, seit 1847 fortgeschriebene Zahl, 1846 waren
es 1435, 1851 1465; 277 verfügten über das Bürgerrecht, 440 gehörten
nach dem Katasterverzeichnis zu den Steuerpflichtigen61. Der größte Teil
(130) verdiente sein Brot nur in der Landwirtschaft, ein breit gefächertes
Handwerk, darunter sogar ein Spielkartenmacher, bot die übliche Grundversorgung
, drei Geschäfte - eines mit einer Spedition - hielten die Verbindung
über die lokalen Grenzen hinaus aufrecht. Zwei Weinhändler, vier
Gasthäuser und eine Posthalterei brachten auch Geld von auswärts ins
Dorf, während der 1844 in Betrieb genommene Bahnhof sich als Arbeitgeber
vorerst nur in geringem Maße auswirkte. Zwei Barbiere, zwei Hebammen
im Gemeindelohn, ein promovierter Arzt, ein Tierarzt und ein Apotheker
gewährleisteten einen ausreichenden Gesundheitsdienst. Die Gruppe
, die von einem Umbruch die größten Verbesserungen zu erhoffen hatte,
bildeten die 23 Taglöhner; auch sie verfügten über Grundvermögen in einem
Durchschnittswert von 1136 fl weit über die Hälfte geringer als der
der anderen. Aber niemand aus ihren Reihen begehrte auf. Ebensowenig
reagierten die Eisenbahner auf revlutionäre Signale aus der Umgebung, der
größte Teil kam wohl von auswärts, in der Katasterliste erscheinen nur
zwei Bahnwarte aus Appenweier. Vielleicht verhielten sie sich auch wie
ihr Vorstand: der großherzogliche Post- und Bahnexpediteur Wilhelm, ein
indifferenter Beamter, fertigte die mit Aufrührern überfüllten Züge ohne
Protest ab, rief den Sicherheitsausschuß zu Hilfe, blieb nach der Revolution
auf seinem Posten und gab während der Verfolgungszeit - nicht unfaire
- Gutachten für den Staatsanwalt ab62.

Welche Impulse kamen von jenen Personen, die erfahrungsgemäß kraft ihres
Amtes einen gewissen geistigen Einfluß auf die Dorfbewohner ausüben
konnten?

Der katholische Pfarrer Ludwig hatte die Pfarrgemeinde St. Michael erst
1847 übernommen. Er stand ganz auf der Seite des Großherzogs Leopold,

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