Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 258
(PDF, 141 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1998/0258
che dem Verzichtsvorschlag bereitwillig zugestimmt hätten. Die staatliche
Stelle, also das Bezirksamt, und der Gemeinderat hätten den Verzicht gerne
angenommen und ihn als Geschenk an die christlichen Bürger betrachtet
.93 18 jüdische Einwohner unterschrieben nun ihren Verzicht auf den
Bürgernutzen.94

Zu den Unterzeichnern gehörten Alexander Wertheimer ebenso wie der Fabrikant
Hermann Massenbach95, den der Großherzog 1846 in den Oberrat
berufen hatte, die höchste Vertretung der badischen Juden.96

Aus der Sicht des Gemeinderates vom Mai 1848 war es die jüdische Gemeinde
selbst, welche einige ihrer Mitglieder aus Bühl vertrieb: Es sei, so
wendeten es die Vertreter der Stadt, die Alexander Wertheimerische Familie
mit noch weiteren vier anderen Familien, welche wegen ihren wucherischen
Handlungen die öffentliche Ruhe gefährdeten, durch Beschluß der
ganzen übrigen Judenschaft zum Verlassen Bühls gebracht worden.97

Allerdings erhoben trotzdem später jüdische Einwohner die Klage, daß es
Anfang April noch mehrere Exzesse und Unbilden gegen sie gegeben
habe.98 Eine Äußerung des Gemeinderates, mit der die Gültigkeit der Übereinkunft
bewiesen werden sollte, bestätigt dies: Die christlichen Bürger
hätten auswärtige Eindringlinge welche hierher gekommen seien, um einen
Theil der Juden zu mißhandeln, mit aller Kraft, und eigener Aufopferung
abgewiesen^

Waren es ein mittelalterlich anmutendes Pogrom oder eine Vorausdeutung
auf die des 20. Jahrhunderts? Alexander Wertheimer, der Kurier des Bezirksamtes
Bühl, logierte sich mit seiner Frau im „Nassauer Hof in Karlsruhe
ein. Sein Verbleiben konnte man auch in Bühl nachlesen, denn er
wurde in der „Karlsruher Zeitung" unter dem 1. April 1848 als dortiger
Gast gemeldet.100 Am 12. des Monats erschien Leopold Netter, ein Sohn
des alten jüdischen Anwalts, des Gemeindevertreters Herz Netter, bei Bürgermeister
Berger und erklärte, er sehe den Verzicht vom 31. März 1848
für sich nicht als verbindlich an und ergriff entsprechende juristische Mittel
.101 Der Sohn von Alexander Wertheimer, Meier Wertheimer, verfolgte
ab Anfang Mai 1848 seine Aufnahme als Ortsbürger weiter, womit er
schon 1847 angefangen hatte. Der Gemeinderat reagierte voller Wut mit
dem Hinweis auf die angeblichen Wuchergeschäfte der Familie Alexander
Wertheimer, ihre angebliche Störung der öffentlichen Ruhe und ihre angebliche
Ausweisung durch die jüdischen Einwohner aus Bühl. Ohne Erfolg
: Im Juli 1849 entschied das Innenministerium endgültig die Verpflichtung
der Gemeinde Bühl zur Aufnahme Meier Wertheimers als
Ortsbürger.102

258


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1998/0258