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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 525
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tier, dessen Verhalten während der Revolution von seinem Vorgesetzten damit
entschuldigt wurde, er sei ein überhaupt beschränktes Subject von
großer Plauderhaftigkeit.33

In der Eisenbahnverwaltung trat erstmals massiv ein neuer Typ von Staatsdienern
auf. Zugespitzt formuliert: Bürokratie im klassischen Sinne zeichnete
sich durch die Ausübung von Herrschaft aus, während die Eisenbahnverwaltung
eine Dienstleistung anbot.34 Auf den Bahnhöfen und in den Zügen
traten dem Publikum nicht mehr nur die Vertreter einer sozial abgeschotteten
und in sich geschlossenen Verwaltungselite entgegen, sondern
Praktiker und viele langgediente Militärs, deren sozialer Hintergrund eher
bäuerlich bzw. kleinbürgerlich war. Viele von ihnen kamen weit herum und
wurden in der Regel fern ihrer Heimat eingesetzt. Welche Haltung diese
Männer in einer politischen Umbruchssituation einnehmen würden, war
kaum vorauszusehen.

Ein umkämpftes Transportmittel

Ein wahrscheinlich aus der Ortenau schreibender Korrespondent der in
Freiburg erscheinenden katholisch-konservativen Süddeutschen Zeitung für
Kirche und Staat hatte die Subalternen bei der Eisenbahn-Administration
schon am 28. Februar im Visier. Er verunglimpfte sie pauschal als wohlfeile
Kostgänger des Staates, die sich für das im Schiffbruche des Lebens dargebotene
Asyl durch staatsgefährdende Tätigkeiten revanchierten. Konkret
berichtete er von einem Adjunkten [. . .] und einem Zugführer, welche ihren
freien Tag zur republikanischen Wallfahrt nach Straßburg reisten?5 Eine
Wallfahrt anderer Art fand drei Wochen später statt. Viele Menschen nutzten
die Eisenbahn, um am 19. März 1848 zur Offenburger Versammlung
und wieder zurück zu gelangen, wie die von der Betriebsverwaltung akri-
bisch geführte Statistik eindrucksvoll belegt. Während 1846, 1847 und
1849 die Zahl der im April abgefertigten Passagiere jeweils um 10% über
den Märzwerten lag, bestiegen im März 1848 12 413 Personen in Offenburg
den Zug, fast doppelt so viel wie im April desselben Jahres.36 Doch
mit der Rückfahrt haperte es nach Ansicht eines Sonderberichterstatters
der in Freiburg erscheinenden Oberrheinischen Zeitung.37 Einige Tage darauf
verteidigte der Offenburger Korrespondent desselben Blattes allerdings
die Ehre des Personals, das vom ersten Beamten bis zum Wagenschieber
hinab [. . .] lebhaft und freudig seine Schuldigkeit that. Die Schuld für
etwaige Verzögerungen trage allein der commandosüchtige, auf allen
Bahnhöfen unbeliebte und den guten Willen der Arbeitenden hindernde in-
spicirende Oberbeamte aus Carlsruhe?%

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