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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 575
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wie wichtig die Verwirklichung der Reichsverfassung sei. Die Vorstellung,
diese Konstitution sichere ihre persönliche Freiheit, führte jedoch dazu,
daß sie sofort mit ihrer Verwirklichung begannen. Wie im März 1848
schritten sie zu Gefangenenbefreiungen. So strömten die Infanteristen, die
in Lörrach stationiert waren, am 11. Mai 1849 nach einer Versammlung
auf dem Schützenplatz zum Gefängnisturm und erzwangen gemeinsam mit
Freischärlern die Freilassung der politischen Gefangenen. Dieser Begriff
bezog sich auf Kameraden, die wegen ihrer Drohbriefe an einen Offizier in
Arrest saßen. Die gewaltsame Befreiungsaktion war in gewisser Weise
auch eine Referenz an die Französische Revolution von 1789 und den
Sturm auf die Bastille. Nachts zogen Soldaten in den Straßen Lörrachs umher
und riefen: Alles muß geköpft werden26.

Auslöser des Rastatter Militäraufstandes war ebenfalls eine Gefangenenbefreiung27
. Offiziere verhafteten am 11. Mai Johann Stark, der in der Soldatenversammlung
am Abend zuvor für die Reichsverfassung eingetreten
war. Mit dieser Verhaftung vermittelten die Offiziere der Mannschaft den
Eindruck, als seien sie in der Tat volks- und freiheitsfeindlich und die Anerkennung
der Reichsverfassung durch die großherzogliche Regierung nur
eine Farce. Indem die Soldaten gegen ihre Offiziere rebellierten und die
Freilassung Starks erzwangen, bekräftigten sie, daß sie für Grundrechte
wie Versammlungs- und Redefreiheit kämpfen wollten.

Der badische Kriegsminister Generalleutnant Hoffmann reiste noch am
frühen Morgen des 12. Mai 1849 nach Rastatt, um die Ursache des Aufruhrs
herauszufinden. Soldaten erklärten, daß sie gemeinsam mit dem Volk
für die Reichsverfassung einstehen wollten. Sie beklagten sich darüber,
daß Soldaten verhaftet worden seien, die sich bei der letzten Versammlung
für die Reichs Verfassung ausgesprochen hätten. Der Gefreite Haas bat um
die Erlaubnis, Delegierte zur Offenburger Versammlung entsenden zu dürfen
. Ob der Kriegsminister den Besuch der Volksversammlung gestattete,
geht aus den Quellen nicht eindeutig hervor. Hoffmann selbst schreibt, er
hätte die Teilnahme an der Versammlung nicht ausdrücklich erlaubt. Bezeichnend
ist, daß sich der Aufruhr kurze Zeit nach den Gesprächen des
Kriegsministers mit der Truppe von neuem entwickelte. Die Vorstellung,
die Offiziere wollten die Freiheit der Soldaten unterdrücken, war so fest,
daß sich die Mannschaften nicht mehr beruhigen ließen. Soldaten zogen
lärmend durch die Straßen, sangen Heckerlieder und schrien: Wir verlangen
aber unser Recht. Sie drohten damit, den Kriegsminister an einem
Strick um den Hals durch die Straßen zu ziehen oder aufzuhängen. Durch
seine Flucht vor den aufständischen Soldaten machte Generalleutnant
Hoffmann die Bahn für den Besuch der Offenburger Volksversammlung
frei. Die Delegierten der Soldaten zogen am 13. Mai mit einer schwarz-rotgoldenen
Fahne in der Versammlung ein.

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