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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 585
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am 15. Dezember 1849 als einzige Frau unter den „Hauptteilnehmern der
Mai-Revolution". In den ersten Januartagen des Jahres 1850 wurde sie gegen
Kaution auf freien Fuß gesetzt, stand aber weiterhin unter polizeilicher
Überwachung. Als ihr Mann endlich aus dem Gefängnis in Bruchsal entlassen
wurde, war er todkrank und starb kurze Zeit später. Henriette Obermüller
heiratete im Juni 1854 Jakob Venedey, mit dem sie - wenn auch unter
beengten finanziellen Verhältnissen - in Zürich, Heidelberg, Berlin und
Badenweiler ein glückliches Ehe- und Familienleben verband20.

Henriette Obermüller gehörte zu einer Minderheit. Es bleibt die Frage:
Warum gab es so wenige Mathilde Franziska Annekes, Amalie Struves und
Emma Herwerghs oder Henriette Obermüllers?

Wenn wir den männlichen Wortführern der Revolution glauben, dann wollten
die meisten Revolutionsanhänger keine Frauen in ihren Reihen. Ihr
Selbstverständnis basierte mehrheitlich auf der Befestigung des herkömmlichen
bürgerlichen Geschlechterverhältnisses, das in revolutionären Zeiten
zudem mit einem gewissen Pathos aufgeladen wurde. Schon die Idee der
Nation, die sich in den Zeiten der Freiheitskriege herausbildete, implizierte
ein klar strukturiertes Männlichkeitsbild2'. Karl von Rotteck veröffentlichte
im Jahr 1808 in der Freiburger Zeitschrift „Iris" einen Aufsatz „Über die
Spartanerinnen", in dem er die Teilhabe der Frauen an den Angelegenheiten
des Staates ablehnte: Denn Weiber haben nicht die Staaten gegründet;
sie sind es auch nicht, welche ihnen vorstehen, sie zu verwalten oder zu beschützen
vermögen; und darum ist auch meines Bedünkens unter den Mißgeburten
der Phantasie, nach jener der Centauren, die der Amazonen die
häßlichste22. Rotteck war ein typischer Vertreter seiner Epoche. In der Zeit
der Freiheitskriege entwarfen die gebildeten jungen Männer, Philosophen,
Dichter und Naturwissenschaftler - häufig unterstützt von weiblicher Seite
- ein Bild der Geschlechter, das auf einem Konzept der Gleichwertigkeit
der Ungleichheit basierte23. Gegen die Naturrechte, welche die Gleichheit
der Menschen postulierten, stellten sie ihren Entwurf der weiblichen Natur.
Damit wurde der Widerspruch zwischen der angeblichen Gleichheit aller
Menschen und der Ablehnung der Gleichberechtigung der Frauen aufgehoben
. Diese Argumentation wurde bald schon Lexikonwissen. In der von
den beiden badischen Liberalen Karl von Rotteck und Karl Welcker herausgegebenen
„Encyklopädie der sämmtlichen Staatswissenschaften für alle
Stände" trug ein Artikel den Titel „Geschlechterverhältnisse". Er stammte
von einem der Herausgeber, von dem liberalen Professor, Politiker, Publizisten
und Landtagsabgeordneten Karl Welcker. Er schrieb in der Ausgabe
von 1847, die Frau müsse das Recht auf Bildung und Pressefreiheit haben,
auch dürfe sie im Parlament zuhören und Petitionen einreichen, zumal ihre
Anwesenheit zivilisierend auf die Männer wirke. Von allen weiteren politi-

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