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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 22
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Ich erlaube mir, das Wirken von Hans-Joachim Fliedner noch in einer anderen
Hinsicht für vorbildlich zu erklären. Der öffentliche Diskurs über die
deutsche Geschichte wird bei uns seit langem und mit noch immer zunehmender
Intensität von der Hitler- und Nazizeit beherrscht. Das ist
grundsätzlich gut so, und ich darf mich nach meinen Arbeiten auf diesem
Gebiet am wenigsten darüber beschweren.

Und doch habe ich angesichts mancher gelegentlich geradezu besessenen
Einseitigkeiten mehr und mehr die Sorge, daß unser öffentlicher Diskurs
die deutsche Geschichte auf jene verfluchten zwölf Jahre reduziert und
alles andere in den Hintergrund drängt.

Wir brauchen den Diskurs über die Nazizeit, wir brauchen das Denkmal
für die ermordeten Juden Europas in Berlin und die Pflege der Gedenkstätten
. Aber wir brauchen auch die Erinnerung an die Freiheitsbewegungen in
der deutschen Geschichte. Es ist richtig, daß das eine zuerst Vorrang haben
mußte. Aber es ist auch richtig, daß das andere nicht vernachlässigt und
überlagert werden darf.

In diesem Sinne kann Hans-Joachim Fliedner als Vorbild dienen, daß er
sich nach seiner Doktorarbeit über die Judenverfolgung in Mannheim der
Geschichte der Freiheitsbewegung in Offenburg zugewandt hat. Das eine
war vordringlich, aber das andere war nicht weniger wichtig.

So handelte übrigens auch Gustav Heinemann, indem er als Bundespräsident
natürlich manche Rede zur NS-Vergangenheit hielt und dann doch
noch stärker die demokratischen Traditionen in der deutschen Geschichte
und zumal in Rastatt in den Mittelpunkt rückte.

Denn hier liegen die Ursprünge unserer freiheitlichen Demokratie. Aus der
Nazizeit läßt sich der Wert der Menschen- und Bürgerrechte immer nur
gleichsam im Gegenbild ableiten. Wir sagen, daß wir sie besonders achten
müssen, weil wir nicht vergessen, wie sie von 1933 bis 1945 mit Füßen getreten
wurden. In der Freiheitsbewegung von 1847 bis 1849 aber gewinnen
wir einen direkten Zugang zu ihnen, nicht aus ihrer Pervertierung, sondern
aus ihrer Begründung.

Vielleicht ist das zitierte Wort vom „badischen Bethlehem", wo „stets der
Revolutionsheiland geboren" wurde, etwas unangemessen. Revolution ist
immer mit Gewalt verbunden und deswegen nicht etwas grundsätzlich
Wünschenswertes. In diesem Sinne warnte auch Gustav Heinemann in der
unruhigen Zeit nach 1968 immer vor der Anwendung von Gewalt und rief
zu Reformen auf.

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