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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 23
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1999/0023
Nicht die Revolutionen als solche verdienen Lob und Preis, verdienen
dankbare Erinnerung, sondern die Ziele, für die sie standen. In diesem
Sinne nur, in dieser Bedeutung aber wirklich sind Offenburg und Rastatt
Geburtsorte unserer Demokratie.

Im Juli werden wir an das Ende der Badischen Revolution in Rastatt denken
. In diesem Saale tagte der Kriegsrat der Revolution. In diesem Saale
tagte danach das Standgericht. Aber in diesem Schlosse, in seinem linken
Flügel (so heißt es in den Quellen; aber von wo aus links? Etwa da, wo
heute die Erinnerungsstätte ist?), befand sich während der Belagerung im
Juli 1849 auch das Bureau der Redaktion einer merkwürdigen Zeitung, die
„Der Festungs-Bote" hieß. Ihr Redakteur war ein 34jähriger Mann namens
Ernst Elsenhans, und er veröffentlichte in der Nr. 10 (von insgesamt 14)
am 18. Juli 1849 einen Aufsatz mit dem Titel: „Was ist und was will die
soziale Demokratie?"

Das ist wahrlich auch heute noch eine entscheidende Frage. Selten oder nie
ist sie so schlicht, so zutreffend und so ergreifend beantwortet worden, und
deswegen möchte ich einige Sätze daraus zitieren.

„Was zuerst die Demokratie betrifft", schrieb Elsenhans, „so ist dieselbe
diejenige Regierungsform, bei welcher das Volk selbst, d.h. sämmtliche
Bürger zusammengenommen, die höchste Gewalt ausübt." Sämtliche Bürger
, das heißt, gleiches Wahlrecht für alle. Das ist uns heute selbstverständlich
. Aber damals war es revolutionär. Dann fuhr Elsenhans fort:

„Die Demokratie an sich wird uns weder Arbeit noch Brod geben, sie wird
unsere fälligen Zinsen nicht bezahlen, sie wird uns nicht von Sorgen und
Leiden befreien, denn sie stößt bei der Lösung ihrer Aufgabe, das Volk zur
Herrschaft zu bringen, stets auf das Mißverhältniß des Eigenthums, des
Besitzes." Auch das klingt uns heute vertraut. Gleichheit ist mehr als die
Gleichheit des Wahlrechts. Dazu Elsenhans weiter:

„Diese Ungleichheit, dieses Mißverhältniß sucht nun der Sozialismus
durch Herstellung der Gleichheit aufzuheben." „Die Gleichstellung der Arbeit
also mit dem Kapital, mit andern Worten die Organisation der Arbeit,
und in Folge davon die Aufhebung des ungeheuren Mißverhältnisses zwischen
den Besitzenden und Nichtbesitzenden, dem sogenannten Proletariat
, ist es, womit sich der Sozialismus beschäftigt, [. . .]." Das nennen wir
heute soziale Marktwirtschaft. Und noch einmal Elsenhans:

„Der Sozialismus in Verbindung mit der Demokratie erscheinen allen denkenden
Menschenfreunden als die Mittel, durch welche es uns gelingen
könne, endlich in das gelobte Land der Freiheit, Gleichheit und Brüder-

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