Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 162
(PDF, 129 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1999/0162
oder totalitären Regime. Das belegen die Freiheitsbewegungen des vorigen
Jahrhunderts sowie die an Brüchen reiche deutsche Verfassungsgeschichte.

So ist das Bekenntnis zur Unantastbarkeit der Menschenwürde und der
freien Entfaltung der Persönlichkeit in unserem Grundgesetz eine Antwort
auf die Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten. Gerade die bittere
Erfahrung mit diesem Regime und das vorausgegangene Scheitern der
Weimarer Republik haben gelehrt, daß die Demokratie ohne die positive
Geltung der Grundrechte nicht bewahrt werden kann. Diese Einsicht hat
dazu geführt, die Menschen- und Freiheitsrechte als einklagbare Rechtstitel
in das positive Verfassungsgesetz umzusetzen. Damit werden sie zur
Grundlage, aber auch zur Schranke staatlicher Macht mit dem Erfolg, daß
sich jedermann gegenüber staatlichen Übergriffen auf diese verfassungsmäßig
verankerten Rechtssätze berufen und vor Gericht durchsetzen kann.
Die Grundrechte sind daher neben dem Staatsorganisationsrecht ein wesentliches
Element moderner demokratischer Verfassungen. Das seinerzeit
vorausgesehen zu haben, ist ein Verdienst der Demokratiebewegung der
Jahre 1847-1849.

Das Formulieren der Freiheitsrechte hier im Salmen vor 152 Jahren war eine
Kampfansage an ein bevormundendes, den Bürger zum Untertan degradierendes
monarchisches Regime. Das Verlangen nach Gedanken- und
Pressefreiheit stand im Zentrum der Forderungen des Volkes. Die Freiheitskämpfer
des vorigen Jahrhunderts wußten nur zu gut, was das Bundesverfassungsgericht
rund 110 Jahre später zum Grundrecht auf freie
Meinungsäußerung gesagt hat, nämlich daß dieses für eine freiheitlichdemokratische
Staatsordnung schlechthin konstituierend ist; denn es ermöglicht
erst die ständige geistige Auseinandersetzung, den Kampf der
Meinung, der Lebenselement der Demokratie ist.

Angriffspunkt der Offenburger Volksversammlung war denn auch konsequenterweise
die durch die Karlsbader Beschlüsse eingeführte Vorzensur
für Zeitungen und alle Schriften unter 20 Druckbogen. Man verlangte
Pressefreiheit, in der Sprache der Forderungen des Volkes „das unveräußerliche
Recht des menschlichen Geistes, seine Gedanken unverstüm-
melt mitzuteilen". Auch diese Forderung bleibt ein Eckpfeiler des demokratischen
Verfassungsstaats. Beide folgenden demokratischen Verfassungen
Deutschlands nehmen sie auf. Im Grundgesetz wird die Pressefreiheit
- wie die anderen Freiheitsrechte auch - zu einem vor dem Bundesverfassungsgericht
einforderbaren Grundrecht. Mit den radikalen Demokraten
des vorigen Jahrhunderts waren sich die Mütter und Väter des Grundgesetzes
darin einig, daß eine freie Presse der unverzichtbare Nährboden für die
Demokratie ist.

162


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1999/0162