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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 163
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Meine Damen und Herren, Sie können nicht zu Ihrem heutigen Fest die
Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts einladen, ohne daß sie Ihnen
bei dieser Gelegenheit Kernsätze aus einer frühen Entscheidung dieses Gerichts
, nämlich aus dem sog. Spiegel-Urteil1 in Erinnerung ruft. In dieser
Entscheidung heißt es zur öffentlichen Aufgabe der Presse:

Eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfene
Presse ist ein Wesenselement des freiheitlichen Staates; . . . Soll
der Bürger politische Entscheidungen treffen, muß er umfassend informiert
sein, aber auch die Meinungen kennen und gegeneinander abwägen können
, die andere sich gebildet haben. Die Presse hält diese ständige Diskussion
in Gang; sie beschafft die Informationen, nimmt selbst Stellung dazu
und wirkt damit als orientierende Kraft der öffentlichen Auseinandersetzung
. In ihr artikuliert sich die öffentliche Meinung, die Argumente klären
sich in Rede und Gegenrede, gewinnen deutliche Konturen und erleichtern
so dem Bürger Urteil und Entscheidung.

Aber auch die übrigen Offenburger Forderungen waren vorbildlich für das
spätere Verfassungsdenken. Fast alle in jenem Dokument formulierten
Freiheitsrechte kehren in ähnlicher oder verwandter Form zunächst in der
Weimarer Verfassung und später im Grundgesetz wieder. Als da sind die
Gewissens- und Lehrfreiheit, die Glaubensfreiheit, die Vereins- und die
Versammlungsfreiheit. In bewunderungswürdiger Schlichtheit und Dringlichkeit
sagt Artikel 5:

Wir verlangen persönliche Freiheit.

Im darauffolgenden Satz heißt es dann ganz konkret:

Die Polizei höre auf, den Bürger zu bevormunden und zu quälen.

Aus diesem Satz spricht die bittere Erfahrung derer, die wegen ihres politischen
Engagements von der Polizei und einer dem Monarchen willfährigen
Justiz verfolgt worden sind. Man bezichtigte sie demagogischer Umtriebe
und verurteilte sie, ohne die mindesten Verfahrensgarantien zu beachten,
mitunter ohne jeden Nachweis einer Schuld. Um dieser politischen Strafjustiz
das Handwerk zu legen, verlangte man nach Geschworenengerichten,
später nach öffentlichen Gerichtsverhandlungen. Als rechtsstaatliche Gegenwehr
wurden vor allem im Paulskirchenparlament ins einzelne gehende
Justizgrundrechte formuliert, die für alle späteren Verfassungen als Vorbild
gedient haben. Hier ist vornan die Unabhängigkeit der Richter, das Verbot
von Ausnahmegerichten, die Öffentlichkeit der Gerichtsverfahren und
nicht zuletzt die Trennung der Gewalten (von Rechtspflege und Verwaltung
) zu nennen.

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