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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 164
(PDF, 129 MB)
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Freiheitsrechte, so könnte man meinen, seien seit der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung
und der französischen Revolution in aller Munde
gewesen. Die in Offenburg im Jahre 1847 zu Papier gebrachten Forderungen
mögen daher politisch mutig, doch - abgesehen von der volkstümlichen
Sprache - wenig originell gewesen sein. Doch wer sich den Text
näher ansieht, wird Eigentümlichkeiten entdecken, die im großen Pathos
leicht untergehen und Reformüberlegungen aufscheinen lassen, die uns
heute zunehmend beschäftigen. Nehmen wir als Beispiel den kleinen Passus
in Art. 5, wo von einem „frischen Gemeindeleben" die Rede ist. Aus
dieser Forderung spricht das Wissen, daß Demokratie vor Ort erfahren,
geübt und gelebt werden will. An einer weiteren Stelle atmet das Offenbur-
ger Aktionsprogramm einen Geist, den wir heute mit dem Verlangen nach
mehr Bürgerpartizipation auf den Begriff zu bringen pflegen. So heißt es
im vorletzten Artikel:

Art. 12: Wir verlangen eine volksthümliche Staatsverwaltung. Das frische
Leben eines Volkes bedarf freier Organe. Nicht aus der Schreibstube lassen
sich seine Kräfte regeln und bestimmen. An die Stelle der Vielregierung der
Beamten trete die Selbstregierung des Volkes.

Das könnten die Bürgerinitiativen, die gegenwärtig für mehr demokratische
Teilhabe und ziviles Engagement streiten, auch nicht besser formulieren
.

Doch was die Offenburger Forderungen vor allem - und zwar noch heute!
- auszeichnet, ist ihr Bekenntnis zur sozialen Demokratie. Hier zeigt sich
die Handschrift von Friedrich Hecker und Gustav Struve. Sie waren die Initiatoren
der Offenburger Volksversammlung und hatten die dort verkündete
Grundsatzerklärung als erste unterzeichnet. Beide waren Männer mit
Gespür für die sozialen Nöte des einfachen Volkes. Hatten sie doch im November
1846 den „Verein zur Beförderung des Wohls der arbeitenden
Klassen" gegründet, der zum Beispiel Suppenküchen zur Bekämpfung des
Hungers eröffnet hatte.

Gustav Struve und Friedrich Hecker waren bekanntlich die Führer der Radikalen
. Sie nannten das erste Offenburger Treffen eine Versammlung der
„Ganzen", um sich von den Liberalen abzugrenzen, die ihnen als halbherzig
erschienen und die sie deshalb als die „Halben" bezeichneten. Hecker
und Struve ging es - im Gegensatz zu den Liberalen - nicht nur um die
Garantie politischer Grundrechte wie z.B. die Presse-, Vereinigungs- und
Versammlungsfreiheit. Sie verfolgten neben diesen verfassungspolitischen
vor allem sozialpolitische Ziele. Sie bekannten sich rückhaltlos zum
Gleichheitssatz. Sie verlangten die Abschaffung aller Privilegien, Bildung

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