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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 165
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für alle und eine gerechte Besteuerung. Vor allem auf Friedrich Hecker
ging die Forderung nach dem Ausgleich des Mißverhältnisses zwischen
Arbeit und Kapital zurück. In Art. 10 des Offenburger Aktionsprogramms
hieß es: Die Gesellschaft ist schuldig, die Arbeit zu heben und zu schützen.

Mit diesem sozialreformatorischen Programm waren die radikalen Demokraten
ihrer Zeit weit voraus. Die bürgerliche Mehrheit lehnte derart
grundlegende gesellschaftliche Veränderungen rundweg ab. Die sozialpolitischen
Forderungen schlugen sich daher auch nicht im Verfassungswerk
der Paulskirche nieder. Erst in der Weimarer Reichsverfassung und im
Grundgesetz fielen diese auf fruchtbaren Boden. In den Spurrillen des Offenburger
Aktionsprogramms gewissermaßen bekennt sich die Weimarer
Verfassung zur Schutzwürdigkeit der Arbeitskraft. Die Ordnung des Wirtschaftslebens
soll sich - laut dieser Verfassung - an den Grundsätzen der
Gerechtigkeit orientieren sowie ein menschenwürdiges Dasein für alle gewährleisten
.

Gewiß, das Grundgesetz selbst ist hinsichtlich des sozialen Staatsziels wenig
beredt. Das Prinzip begegnet uns nur in adjektivischer Form. So wird
die Bundesrepublik in Art. 20 GG als ein demokratischer und sozialer
Bundesstaat charakterisiert. An späterer Stelle heißt es, daß die verfassungsmäßige
Ordnung in den Ländern den Grundsätzen des sozialen
Rechtsstaats entsprechen sollte (Art. 28 I GG). Der Sinn des Wortes „sozial
" ist in keiner Phase der Verfassungsberatung inhaltlich erörtert worden.
Nur Carlo Schmid widmete diesem Strukturprinzip einige wenige Worte,
indem er an das demokratische und soziale Pathos der republikanischen
Tradition appellierte und auf den Mut zu den sozialen Konsequenzen verwies
, die sich aus dem Demokratieprinzip ergeben2.

Eine üppige Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte hat dem Prinzip
des Sozialstaats Konturen gegeben. In dieser ist vornan klargestellt worden
, daß es vorzugsweise die Aufgabe des Gesetzgebers und nicht die der
Gerichte ist, das Sozialstaatsziel zu verwirklichen. Doch Ausnahmen bestätigen
bekanntlich die Regel. Und so hat das Bundesverwaltungsgericht
in einer seiner ersten Entscheidungen aus dem Geiste der Sozialstaatsklausel
einen unmittelbaren Rechtsanspruch eines Hilfsbedürftigen auf Fürsorge
begründet. Das war einer der ganz raren Ausnahmefälle, auf dessen
Spuren später der Gesetzgeber des Sozialhilfegesetzes gewandelt ist.

In späteren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts werden als
wichtigste Ziele des Sozialstaats

- die Fürsorge für Hilfsbedürftige, die wir heute Sozialhilfe nennen,

- die Gewähr eines menschenwürdigen Existenzminimums,

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