Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 170
(PDF, 129 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1999/0170
waren, als welche der alte Liberalismus auch schon gestellt hatte4. Nicht
die Programmatik, sondern die propagandistische Form war in den Augen
Zimermanns das revolutionär Neue: Der Schritt, den Hecker und Struve
gethan hatten, lag darum weit hinaus über den alten Liberalismus, weil sie
die Opposition in der Ständekammer aufgaben und diese daraus hinaus
unmittelbar in 's Volk hinein warfen. Die Volksagitation begann und nahm
eine revolutionäre Form an. Hecker und Struve aber standen vorerst mit
ihrer werdenden Partei in Deutschland vereinzelt da. Noch kannten die
deutschen Staaten nur eine Opposition in der Kammer, aber keine Volksopposition
.5 Prägend für das Bild von der ,Salmen'-Versammlung wurde für
das 19. Jahrhundert jedoch nicht Zimmermanns, sondern Häussers zweite
Darstellung (1851), die von dem in der Zeit des Kaiserreiches die nationale
Geschichtsschreibung dominierenden Heinrich v. Treitschke übernommen
wurde. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erfolgte die interpretatorische Radikalisierung
. Hatte Häusser 1851 von einer besondere[n] Partei6, Zimmermann
- noch vorsichtiger - von einer werdenden Partei1 gesprochen,
so wurde die erste Offenburger Versammlung in der Geschichtsschreibung
des Kaiserreiches allmählich von einer radikalen Volksversammlung mit
„landesüblichen" und sozialen Forderungen (v. Treitschke 1894)8 bzw. das
„Programm der radikalen Partei" beratschlagenden Versammlung (v. Zwie-
dineck-Südenhorst 1903)9 schließlich zur „Offenbacherf!] Versammlung",
welche ein „demokratisches, fast republikanisches Programm zur Umgestaltung
des Deutschen Bundes" aufstellte, worin „weitgehende sozialistische
Wünsche berücksichtigt waren" (Klein-Hattingen 1911)10. Obwohl
bereits 1913 Ludwig Bergsträsser11 zur ursprünglichen Interpretation
zurückkehrte und die erste Offenburger Versammlung als Treffen der radikalen
Richtung des badischen Liberalismus bezeichnete, fand die von
Oskar Klein-Hattingen ausgearbeitete, oben angeführte Demokratie-These
' 1960 Eingang in das von Ernst Rudolf Huber12 herausgegebene klassische
Werk über die deutsche Verfassungsgeschichte und wurde damit bis
heute zur folgenschweren Standardinterpretation der ,Salmen'-Versamm-
lung (Wende, Faber, Koch, Siemann, Grab)13, wenngleich es nicht an Zwischentönen
mangelte. Aus marxistischer Sichtweise heraus betonte Karl
Obermann14 den „bürgerlich-demokratische [n]" Charakter des Offenburger
Programms. Auch Veit Valentin15 und Norbert Deuchert16 argumentierten
in dieser Frage sehr vorsichtig. Reinhard Rürup17 wies, ähnlich wie zuvor
bereits Theodor Heuss18, zurecht darauf hin, daß das Offenburger Programm
ohne Revolution nicht zu verwirklichen war, auch wenn nicht ausdrücklich
eine solche gefordert wurde. Paul Nolte läßt in seiner neuesten
Arbeit zur badischen Revolution ebenfalls beide Seiten anklingen, wenn er
die Offenburger Forderungen in einem Atemzug „Reformprogramm der
badischen Opposition [und] quasi ein vorweggenommenes Manifest der
Revolution"19 nennt.

170


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1999/0170