Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 174
(PDF, 129 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1999/0174
Sammlungen oder Feste verfügen und fest in der Hand der radikalen Opposition
sein. Alle diese Kriterien erfüllte allein Offenburg. Die Entscheidung
für Offenburg war allerdings nicht vor Ort, sondern von Struve in Mannheim
getroffen worden.39

Zum Versammlungsort wurde die Gastwirtschaft ,Salmen' auserkoren.
Hier fanden die Gemeindeversammlungen statt und hier waren bereits die
Festmähler anläßlich des Verfassungsfestes 1843 und der Bürgermeisterwahl
Rees 1845 gehalten worden.40 Es handelte sich zwar um eine reine
Saalveranstaltung, was jedoch nicht so zu verstehen war, daß sich diese
Versammlung in die Tradition früherer Honoratiorentreffen einreihen wollte
, sondern in dem Sinne, daß man einzig auf diesem Wege das Versammlungsverbot
auszuhebein imstande war.

Pathetisch erklärte Struve - selbst kein Freund der Weinflasche - in seiner
späteren Vernehmung, daß die Regierungen durch den Bundesbeschluß
v. J. 1832 das Associationsrecht beschränkt hätten, und es dem Bürger
nicht erlaubt seie, unter freiem Himmel wie das Schweizer Volk sich zu gemeinsamen
Besprechungen zusammen zu finden, und daß auch die Versammlung
v. 12 d. M. nicht hätte geschehen können, wenn man seine Zuflucht
nicht zur Weinflasche genommen haben würde. (Janson, S. 61 vgl.
Berberich, S. 84)41 Der Eintritt war frei. Wir wußten, daß Polizeivigilanten
nach Offenburg abgeschickt worden waren, zu dem Zwecke, die Versammlung
zu bewachen. Einige der Anwesenden sprachen den Wunsch aus, daß
diese Spione, wie man sich ausdrückte, entfernt werde möchten, wir waren
jedoch so gewiß, daß kein Wort gesprochen werden würde, welches nicht
vor Gott und der Welt würde vertheidigt werden können, daß wir nicht nur
suchten alle diejenigen zu beruhigen, welche sich gegen jene Polizeivigilanten
ausssprachen sondern auch dafür Sorge trugen, daß dieselben unangefochten
in der Versammlung verweilen konnten. In der eben bezeichneten
Weise war die Versammlung öffentlich.42 Allerdings wurde Vorsorge
getroffen, daß keine Kinder und überhaupt keine jüngern Leute
teilnahmen.43 Ob diese Maßnahme konsequent umgesetzt wurde, bleibt
umstritten, da Werkmeister Janson (neben Frauen) auch Kinder in der Versammlung
gesehen haben wollte.44 Das öffentliche Versammlungswesen in
Baden, das machte die erste Offenburger Versammlung deutlich, befand
sich in einem Übergangsstadium, weg von den kryptopolitischen (Schützen
-, Sänger-, Turner-, Bürgermilitärfeste) und politischen Festen (Ehrung
der Kammerabgeordneten, Verfassungsfeste) - gleichviel handelte es sich
hier .offiziell' nur um Feste -, hin zu Zusammenkünften mit unverhüllt politischem
Charakter - bei allgemeiner Partizipation. Die erste Offenburger
Versammlung war damit der Endpunkt der radikalen Festkultur, also der
bereits erwähnten radikaleren Verfassungsfesttradition, welche sich bereits

174


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1999/0174