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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 213
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ihrem Professor so sehr schätzten, und für seine sympathische Menschlichkeit
, die Einverständnis schafft und mit einem ironischen Lächeln die harten
Realitäten der Welt für sich und andere relativiert und etwas erträglicher
macht. Diese zeitverwurzelte persönliche Humanität zusammen mit
dem souverän gemeisterten Spiel mit der Form bestimmt die zitierten lyrischen
Veröffentlichungen Weißgerbers im Offenburger Wochenblatt genauso
wie unser kleines Gelegenheitsgedicht (Abb. 8).

Einfühlsam nimmt hier der Dichter Weißgerber Anteil an der Freude des
hochgeschätzten Kollegen Baumann und seiner frommen Gattin über die
etwas verspätete Geburt des kleinen Georg Baumann. Er spricht ihn, praktisch
über den Rand seiner Wiege, persönlich an und geleitet ihn mit liebevollen
Segenswünschen ins Leben. Dabei spart er nicht mit religiösen und
ethischen Maximen neben treuherzigen Wegweisungen, die einen leichten
Patriotismus nicht verleugnen und auch politische Ausrichtungen erkennen
lassen. Denn daß ihn mit seinem Kollegen und Mitstreiter Baumann auch
eine außerberufliche Schicksalsgemeinschaft verband, konnte aus den zeitgenössischen
Quellen nachgewiesen werden. Zur moralisch-politischen
Grundhaltung der beiden Lehrerpersönlichkeiten wird auch aus dieser eher
privaten kleinen Geburtstagselegie aus dem Vormärz einiges deutlicher.
Weißgerbers Gedicht enthält nämlich noch zwei weitere versteckte, aber
ernstere Zitate. Einmal ein wortwörtliches Eigenzitat, zum anderen eine
hochberühmte klassische Sequenz. Mit dem Wort Lucifugos (Zeile 11),
d. h. „lichtscheu, menschenscheu" hatte Weißgerber, im gleichen Kasus
und in der gleichen Anfangsstellung im Vers bereits 1835 in seiner oben
erwähnten Geburtstagswidmung seinen lateinischen Abschlußvers begonnen
.30 Der lebensfrohe und kämpferische, sicher nicht öffentlichkeitsscheue
Direktor fordert Mersy zu seinem Namensfest ausdrücklich auf,
diese damaligen licht- und menschenscheuen Zeitgenossen (Lucifugos) zu
vettere, d.h. zu zupfen oder gar zu rupfen, was soviel bedeutet, wie ihnen
etwas am Zeuge zu flicken. Das war sicher auch eine Selbstermutigung des
politisch engagierten Professors und eine Art moralische Maxime, auch als
Warnung für Baumann.32

In diese Richtung zielt auch das zweite, nicht ausdrücklich vom Verfasser
gekennzeichnete und daher damals bei den klassisch gebildeten Lesern als
bekannt vorausgesetzte Zitat, das auch heute einem Kenner Horazischer
Oden nicht verborgen bleiben kann. Im Pentameter des fünften Distichons
zitiert Weißgerber mit

IUSTIAEQUIQUE COLENS PROPOSITIQUE TENAX
die erste Zeile der berühmten dritten Römerode des großen augustaeischen
Dichters Horaz mit leichter Umstellung und Erweiterung, nämlich
IUSTUM ET TENACEM PROPOSITI VIRUM33.

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