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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 258
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Der Coup mißlang. Doch ist es wichtig, auf mehrere Sachverhalte aufmerksam
zu machen. Relativ mühelos gelang es den Konterrevolutionären,
den republikanischen Gemeinderat beiseite zu drängen und das konservative
Scharfschützencorps zu aktivieren. Da inzwischen das Erste Aufgebot
weitgehend mobilisiert und im Kampf war und das Zweite Aufgebot als
politisch unzuverlässig galt, kann wohl durchaus von einem Machtvakuum
in diesen Tagen in Lahr gesprochen werden. Dies wurde wohl auch nicht
durch die Besetzung Lahrs am 26. Juni durch mehrere hundert Mann Offenburger
, Haslacher und Gengenbacher Bürgerwehr beseitigt. Dies schien
vielmehr die Angst und Unsicherheit noch gesteigert zu haben. Offensichtlich
gelang es zwar dieser Exekutionsarmee, die Lahrer zu entwaffnen,
aber noch am 1. Juli 1849 kam es zu einem Volksauflauf und einem Tumult
einer erregten Menschenmenge vor dem Rathaus, die verlangten, daß
ihre Waffen herausgegeben werden.65 Konservative und Radikale, so eine
Abgabeliste, kamen gleichermaßen in den Besitz von Waffen, die sie freilich
, da am Abend des 2. Juli die Preußen in Dinglingen waren, kaum noch
nutzen konnten.

Für das nachrevolutionäre Lahrer Bewußtsein wurde ferner dieser Vorgang
zum Persilschein, der zeigen sollte, daß zumindest die Lahrer so revolutionär
nicht gewesen seien. Namen wie Rudolf Baum, Leonhard Roos oder
Johann Hofer (und interessanterweise auch Ferdinand Groß) entschwanden
völlig aus der geschichtlichen Überlieferung der Stadt, wie eingangs schon
erwähnt. In dem nun entschieden weniger liberalen Baden, beziehungsweise
dann nationalliberal gewandeltem Staat konnte sich die republikanische
Bewegung in Lahr auch nicht mehr erholen. Da die Impulse von außerhalb
nun ausblieben, in der Stadt aber ein strenges nationalliberales Regiment
(wenn auch nicht ohne politische Beben, denn die Bürgermeister gaben
sich weiterhin die Klinke in die Hand) einzog, war unter den Bedingungen
einer 7000-Einwohner-Stadt an eine liberaldemokratische Bewegung nicht
zu denken.

Das Bündnis zwischen gemäßigten Liberalen und Konservativen war mit
der Niederlage der Radikalen politisch konkurrenzlos geworden. Bis 1918
war der Nationalliberalismus die eindeutig dominierende Partei, auch
wenn er zunehmend von der Sozialdemokratie bedrängt wurde. Wie die Integration
der bis 1849 vom Radikalismus vertretenen ärmeren Mittel- und
Unterschichten gelang, ist bislang noch nicht untersucht worden. Doch
dürften hier Auswanderung, zunehmender Nationalismus und Militarismus
und aggressiver Kulturkampf eine wichtige Rolle gespielt haben.

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