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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 321
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Nachbetrachtung

Insgesamt wird man sagen müssen, daß Schiltach kein „Zentrum der badischen
Revolution" von 1848/49 war, wie etwa Offenburg oder Haslach
i. K., von dem Heinrich Hansjakob später schrieb, daß dort „die Revolution
tobte . . . wie ein alles mit sich reißender Strom".138 Es kann jedoch als
Beispiel einer Kleinstadt mit seiner relativ homogenen Sozialstruktur von
Handwerkern und Handelsleuten gelten, in die seit den 1840er Jahren
ebenfalls der neue Zeitgeist eingezogen war. Er ließ die Schiltacher nicht
nur ihren die alte Ordnung vertretenden Bürgermeister abwählen, sondern
veranlaßte sie auch in großer Zahl, sich für eines der liberalen Hauptziele,
die Trennung von Kirche und Staat, auszusprechen. Wenig Chancen hat
man dem Unternehmen Heckers gegeben, dessen auf „Umsturz" ausgerichteter
Zug hier kaum Anhänger fand.

Republikanisch verrückt, wie es Hansjakob „neun Zehntel der Haslacher
Menschen, die Weiber und Mädchen mitgerechnet", nachsagt,139 dürfte
man (zumindest teilweise) dann im Mai 1849 auch in Schiltach gewesen
sein: Als der Bürgermeister „revolutionäre Plakate" aufhängte, als die Bürgerwehr
ihre Übungen abhielt und nach Offenburg zur Landesversammlung
abzog. Damals gingen die Emotionen hoch und verschafften sich in
den Drohgebärden der beiden Frauen gegenüber den zögernden Lehenge-
richtern, aber auch in der brieflichen Ablehnung durch die Ehefrau eines
der Wehrmänner Luft. Ob es anfangs Juni 1849, als die „Wehrmannschaft"
in den Revolutionskrieg marschierte, dann wirklich so war, daß der ganze
Ort wie Ein Mann bereit war, in den Kampf zu ziehen (wie es die »Karlsruher
Zeitung' meldete), muß dahingestellt bleiben. Nicht bekannt ist auch,
wie die Stimmung der abziehenden Wehrmänner tatsächlich war; zumindest
das 2. Aufgebot, das nach Hornberg beordert worden war, erfuhr dort
bedrohliche Äußerung seitens der revolutionären Machthaber. Aktives revolutionäres
Handeln ist nur von zwei Schiltachern erwiesen, von Bürgermeister
Isaac Trautwein und dem Engelwirt Christian Wolber, die man
dem demokratisch-republikanischen Lager zurechnen kann. Durch ersteren
erhielten die Ereignisse im Mai 1849 auch in Schiltach den Charakter einer
„kommunalistischen Revolution", die nicht gegen die Stadtverwaltung
stattfand, sondern im Gegenteil von ihr ausging und finanziell getragen
wurde.140 Im Städtchen verübelte man ihm sein Verhalten später auch
nicht: Für den ehemaligen Bürgermeister setzten sich 1851 die neue Gemeindespitze
sowie 15 weitere Bürger in Form eines Gnadengesuchs an
den Großherzog (vergeblich) ein, und der frühere Engelwirt wurde 1868
sogar zum Ratschreiber bestellt.

Adolf Christoph Trautwein, der sich 1848 als Freiwilliger in die Liste der

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