Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 385
(PDF, 129 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1999/0385
Haupt des Gotteshauses sein sollten, wie Anhängsel. Deshalb wurden neben
dem Neubau der Langhäuser oft auch die Chöre erweitert. Zwei Beispiele
aus der Chorturmlandschaft Ortenau seien genannt: In Kippenheim
wurde der romanische Chorturm, wie erwähnt, in östliche Richtung
zunächst mit einer Apsis, 1501 mit einem spätgotischen Langchor verlängert
; der Chorturm der Pfarrkirche St. Alban in Waldulm besitzt eine rechteckige
Chorerweiterung aus gotischer Zeit.

In Ottersweier wurde, ähnlich wie in Oberkirch und Kork, eine andere Lösung
gewählt. (Allerdings blieb in Kork nur der gotische Chor erhalten,
während der Chorturm im 18. Jahrhundert abgerissen wurde; in Oberkirch
besteht nur noch das Untergeschoß des Chorturms.) Wie bereits erwähnt,
wurde in Ottersweier 1517 an der Nordseite des Chorturmes ein netzgewölbter
gotischer Chor mit 5/8 Schluß angefügt, die neue Chorachse wurde
nunmehr auch die Achse des nach Norden erweiterten Langhauses, der
Chor im Untergeschoß des Turmes zum Nebenchor degradiert. Im Gegensatz
zu Kippenheim und Waldulm wurde damit in Ottersweier, wie auch in
Oberkirch und Kork, das Prinzip der Chorturmkirche vollständig aufgegeben
, der Turm steht nicht mehr axial, er ist zum Flankenturm des neuen
Hauptchores geworden. Obwohl die Bedeutung des alten Chores gemindert
war, galt der Ottersweierer Turm im Visitationsbescheid über die Pfarreien
des Landkapitels Ottersweier aus dem Jahr 1727 immer noch als super
chorum exstructa. Dies verdeutlicht, wieso die Proportionen des Chorturms
beim Entwurf der spätgotischen Kirche im frühen 16. Jahrhundert
eine wichtige Rolle spielten. Die Außenlänge des Turmes (7,29 Meter) entspricht
nämlich der Länge des Vorchores (7,26 Meter). Nur weil dem gotischen
Chor im Westen der 85 Zentimeter breite Triumphbogen vorgelagert
ist, ragt der Vorchor im Osten um eben dieses Maß über die Flucht des
Turmes.

In allen drei umfassenden Werkmeisterbüchem bildet die Gestaltung des
Chores ein zentrales Thema. Die lichte Chorweite ist das Grundmaß für
den gesamten Grund- und Aufriß der Kirche. Lechler verdeutlicht dies in
seinen Unterweisungen: hie will ich anfangen aller Erst, vnd dich vnder-
weisen wie du ein Khor anlegen solst. In mehr, den in Einermaß, vnd aus
dieser Khunst entspringen viel andern bey. Lechler nennt zwei Proportionen
für den Chor: Er soll entweder zwei- oder dreimal so lang sein, wie er
weit ist. Das „Wiener Werkmeisterbuch" schließt sich diesen Forderungen
an. „Von des Chores Maß und Gerechtigkeit" überläßt die Proportionie-
rung dem Architekten, der aber darauf achten soll, dem Chor „Grundgestalt
" und „Grundplan" zu geben.

Der Ottersweierer Chor folgt den Vorschriften in „Von des Chores Maß

385


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1999/0385