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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 522
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ihren Mann, der noch durch Vorlesungen an Berlin gebunden ist und mit
dem sie sich in Badenweiler treffen wird.

Über Darmstadt, Heidelberg, Karlsruhe und Baden-Baden erreicht die kleine
Reisegesellschaft Mitte Juli Kehl29, wo übernachtet wird, um am nächsten
Tag, vor der Weiterfahrt nach Freiburg und Badenweiler, Straßburg zu
besuchen.

Am Abend des Ankunftstages schreibt Rebecka an ihre Schwester Fanny
unter anderem30:

Kehl, 15. Juli 1843.

. . . Heute . . . habe ich auf gut Wetter gewartet. . . Es kam aber nicht, und
da fuhren wir im Regen hierher, hinter den Bergen wurde es besser und der
Münster lag prächtig in der Abendsonne vor uns. Morgen früh gehe ich mit
(Sohn) Walter hinüber, mir ist wie am Vorabend eines Ereignisses. Wie luftig
und leicht steigt er (der Münster) schon in der Ferne der Berge herauf,
er scheint viel höher als die Berge.

Hier in Kehl habe ich weit über meine Erwartung ein gutes Wirtshaus*1 gefunden
, sehr still, reinlich, ungeheure Betten, Forellen und Pfirsichkompott,
habe dabei an Dich gedacht, liebe Fanny, wie bei allem, was mir gefällt
oder auch nicht gefällt. Überhaupt gefällt mir's hier sehr schön, obgleich
keine Gegend ist, nach dem prätensiösen32, vornehmen Baden mit den
großen Hotels mit fünftausend Kellnern und ebensoviel Klingeln, die den
ganzen Tag bimmeln. Hier läuten die Glocken*3, ein Haufen Bauern in
weißen Jacken und Pelzmützen kannegießert34 vor dem Hause, andre kommen
mit Fasten auf dem Kopfe vom Felde herein, und alle sagen guten
Abend, das ist etwas für mein idyllisches Gemüt, und man merkt schon der
Luft an, daß die Berge nahe. Eben läutet es aber zehn, sehr spät für einen
Kleinstädter. Gute Nacht; morgen mehr..."

Dieser Briefabschnitt ist für Rebeckas temperamentvollen locker-heiteren
und dabei nicht unkritischen Briefstil durchaus typisch. Um so höher ist
die liebevolle Aufzählung ihrer Kehler Eindrücke zu werten: das gute
Wirtshaus mit den ungeheuren Betten und seinem offensichtlich wohlschmeckenden
Essen; die Stille in der Stadt, wo - anders als im lauten Hotel
Baden-Badens - allenfalls die Glocken läuten; die sympathischen Bauern
in ihrer charakteristischen Hanauer Tracht, die zwar vor dem Hause
kannegießern, also offenbar lebhaft politisieren, aber sehr freundlich sind,
denn alle sagen guten Abend! All dies macht, daß sich Rebecka - wiederum
anders als im prätensiösem (anspruchsvollem, selbstgefälligem)
Baden-Baden - in Kehl ausgesprochen wohl fühlt; Das ist etwas für mein

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