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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 524
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großen Italienreise Straßburg mit Münster und Münsterbauhütte (Frauen-
werkhaus) besucht hat. Aus ihrem Reisetagebuch zitiert ihr Sohn Sebastian
Hensel37:

Wir fuhren nach Kehl, gingen von dort zu Fuß über die Rheinbrücke, setzten
uns in eine Karrete^ und erreichten durch die noch ziemlich lange
Allee Straßburg und den Münsterplatz . . ■ Nicht weit davon steht Erwin
von Steinbachs Haus, wovon vieles Alte erhalten ist und unter andern eine
Treppe, die ein wahrer Edelstein ist. Sie ist schneckenartig gewunden und
so um ihre Spindel gedreht, daß man von unten bis oben durchsehen kann.
Da sieht es nun aus, nicht wie ein Kunstwerk, am wenigsten wie ein Bauwerk
, sondern wie ein phantastisches Naturprodukt, wie eine jener wunderbaren
Muscheln, die turmartig gewunden sind, unbeschreiblich schön.
Die stützenden Säulchen durchschneiden das Geländer, welches sich astartig
darum schlingt. Die Treppe ist in ihrer Art ein ebenso großes Meisterwerk
als der Dom?9

Fanny, ohnehin leicht zu schwärmerischer Begeisterung neigend, zieht hier
einen schon poetisch zu nennenden Vergleich, um die in der Tat meisterhafte
Wendeltreppe zu schildern, die natürlich nicht Meister Erwin, der
1318 starb, sondern der Münsterwerkmeister Thoman Uhlberger um 1579
geschaffen hat. Der Treppenturm lehnt sich in der Südostecke des Hofes an
den östlichen Gebäudeteil des heutigen Musee de 1'Oeuvre Notre Dame
an, außen sechseckig, im Inneren aber rund, und darin windet sich die
Treppe über vier Stockwerke hinweg, um drei schlanke Säulen herum, die
Mitte freilassend, abgeschlossen mit einem gotischen Rippengewölbe unter
einer mit gotischem Maßwerk gesicherten Balustrade (Abb. 2)40.

Abschließend soll Rebecka noch einmal zu Wort kommen, die nach dem
Besuch Straßburgs am Sonntagvormittag mit ihrer kleinen Reisegesellschaft
die Fahrt Richtung Freiburg fortgesetzt hat und dort diesen in Kehl
begonnenen Brief abschließt:

. . . Nachmittags um zwei saßen wir wieder im Wagen und fuhren im schönsten
Land unter dem schönsten Himmel hierher . . . Freiburg ist ein Paradies
, der ganze Weg von Kehl an prächtig . . . Ich freue mich, Süddeutschland
noch recht zu genießen, ehe ich durch die Schweiz und Italien^ vielleicht
verwöhnt und vornehm geworden ..."

So gibt uns dieser Reisebrief Rebeckas in Fortsetzungen nicht nur eine heitere
Momentaufnahme von der damaligen Kleinstadt Kehl und ihrer Bewohner
, sondern er bezeugt auch das Fortwirken des Erwin-von-Steinbach-
Mythos in der Mitte des vorigen Jahrhunderts und dessen Ausweitung auf

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