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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 584
(PDF, 129 MB)
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sässischen Parteien (die „Autonomisten" ebenso wie die „Kommunisten")
die „Szene" zu zerschlagen, leider mit Erfolg.

Ich werde im folgenden anhand einiger ausgewählter Beispiele die Straßburger
Emigrantenszene und ihr Echo auf der badischen Seite vorstellen. Einerseits
möchte ich damit die Vielfalt der Emigrantenkultur zeigen, andererseits
aber auch durch die topographisch möglichst genaue Situierung der „Szene"
den Lesern und Leserinnen Lust darauf machen, bei ihrem nächsten Straßburg
-Aufenthalt den Spuren der Emigranten zu folgen. Wie die meisten
Emigranten damals auch, werde ich dabei nicht die alten deutschen, sondern
die französischen Namen der Straßen und Plätze verwenden (also beispielsweise
nicht von dem „Broglie-Platz", sondern der „place Broglie" sprechen
). Ich möchte durch diesen Sprachgebrauch daran erinnern, daß die
Emigranten Straßburg nicht wegen seiner deutschen Vergangenheit zu ihrem
neuen Wohnsitz gewählt haben, sondern gerade weil es eine französische
Stadt war, in der sie als Gäste auf Zeit aufgenommen wurden.

Zur Geschichte der Straßburger „Emigrantenkolonie"

Bis 1918 hatten in Straßburg etwa 40 000 Deutsche gelebt, vorwiegend in
der wilhelminischen „Neustadt", heute „Quartier Allemand" genannt. Als
Straßburg gemäß den Bestimmungen des Versailler Friedensvertrages an
Frankreich zurückgegeben wurde, mußten sie die Stadt verlassen. Als
„Gastarbeiter" pendelten allerdings in den zwanziger und dreißiger Jahren
Tausende von Deutschen auf die französische Rheinseite, um dort zu arbeiten
. Die Zahl der Flüchtlinge, die 1933 in Straßburg vor Hitler Schutz
suchten, war daran gemessen relativ gering. Ihre Zahl dürfte einige hundert
nicht überstiegen haben. Dennoch erregten sie ein ungleich höheres Aufsehen
, und zwar auf beiden Seiten des Rheins.

Viele der Flüchtlinge kamen bei Verwandten in Straßburg unter. Darüber
hinaus standen zwei Auffanglager zur Verfügung: das jüdische Flüchtlingsheim
in Neudorf, einem südlichen Vorort Straßburgs, und ein Kinderheim
in der Robertsau im Norden der Stadt. Hier brachte Charles Hueber, von
1929 bis 1935 kommunistischer Bürgermeister der Stadt, seine deutschen
„Genossen" unter. Einer von ihnen war Hans Mayer, frischgebackener Jurist
und später ein berühmter Literaturwissenschaftler. Im ersten Band seiner
Autobiographie Ein Deutscher auf Widerruf um dem Jahr 1982 hat er
sich an dieses in der ganzen Stadt bekannte „Versteck" erinnert:

Draußen in der Vorstadt, irgendwo in der Robertsau, stand ein städtisches
Gebäude, ursprünglich wohl ein Kinderheim. Dort hatte der Bürgermeister
von Straßburg Charles Hueber, der mein Genosse war, wie ich nun erfuhr,

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