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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 593
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Eine Nacht-Szene. Ich liege im Bett, in meiner gewöhnlichen, totenähnlichen
Schlaflage: auf dem Rücken, die Hände auf der Brust gefaltet; ich
schlage die Augen auf, Lichtkegel aus Blendlaternen streifen durchs Dunkel
des Zimmers, und jetzt wird das Lämpchen auf meinem Nachttisch angeknipst
. Ein Kahlkopf im abgewetzten schwarzen Mantel, einen steifen
schwarzen Hut vorm Bauche haltend, steht halb zu mir hinabgebeugt und
sagt sanft, beinahe vertraulich:
„ Sie müssen aufstehen! "25

Bereits im Juli 1933 trat die Emigranten-Truppe mit einer ersten Inszenierung
an die Öffentlichkeit: der deutschen Fassung von Le tombeau sous
l'Arc de Triomphe, einem Antikriegs-Stück des französischen Dramatikers
und Pazifisten Paul Raynal (1885-1971) aus dem Jahr 1924. Vom Erfolg
der Aufführung ermutigt, schlug Joachim Maass dem Bürgermeister von
Straßburg Charles Hueber vor, die von ihm geleitete Truppe zur offiziellen
„deutschen Bühne" der Stadt Straßburg auszubauen. Ihre Aufgabe hätte
darin bestanden, im „Dritten Reich" verbotene Stücke zu inszenieren, von
Shaw, Reynault, Schnitzler u. a.

Doch auf Druck seiner autonomistischen Verbündeten, die zunehmend
Richtung Deutschland schielten, lehnte Hueber ab. Zum neuen Direktor
der „Deutschen Bühne Straßburg" berief er stattdessen den Leiter des Freiburger
Theaters Max Krüger, der unter dem dringenden Verdacht stand, ein
„Strohmann" Hitlers zu sein. Die Emigranten verweigerten daraufhin jede
Zusammenarbeit. Enttäuscht verließ Maass Straßburg. 1939 flüchtete er
vor der anrückenden Wehrmacht in die USA, wo ihm umgehend eine Professur
für deutsche Literatur angeboten wurde. In seiner Heimat dagegen
ist er heute weitgehend vergessen.

Die vollmündig angekündigte „Deutsche Bühne Straßburg" wurde übrigens
ein Flop. Nach langer Diskussion, die den Ruf der Bühne schon im
Vorfeld ruinierte, wurde Max Krüger doch abgelehnt, auf Weisung aus Paris
. Stattdessen sollte nun der ehemalige Leiter des Theaters von Baden-
Baden die Bühne leiten. Doch das Vertrauen war verspielt. Die Aufführungen
wurden v. a. von Kehlern besucht, von den Straßburgern dagegen weitgehend
ignoriert, man könnte auch sagen: boykottiert. 1935 wurde sie daher
wieder geschlossen. Damit endete der bis heute letzte Versuch, in
Straßburg ein deutschsprachiges Theater dauerhaft zu etablieren.

Das Konkurrenzunternehmen „Deutsche Bühne Kehl" brachte es gar nicht
erst zum eigenen Ensemble. Stattdessen sollten dort abwechselnd Truppen
aus Karlsruhe und Baden-Baden spielen, und zwar in der (mittlerweile abgerissenen
) „alten Stadthalle" in der Jahnstraße (gleich hinter der neuen

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