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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 598
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„Sein Lieblingskind" war allerdings der „Service de presse independant"
bzw. „Unabhängiger Zeitungsdienst" (UZD), der ab August 1932 ebenfalls
in Mincks Druckerei hergestellt wurde. Herausgeber und einziger Autor
des UZD war Jacob. Durch geschicktes Auswerten unterschiedlicher Quellen
von Nazi-Zeitungen bis hin zu Todesanzeigen gelang es ihm immer
wieder, genauestens über das Aufrüstungsprogramm des „Dritten Reiches"
informiert zu sein. Obwohl die Zahl der Abonnenten kaum je über 100
stieg, erreichte Jacob mit seinem UZD ein breites Publikum, da die Artikel
in der elsässischen, der Pariser, ja selbst in der ausländischen Presse nachgedruckt
wurden.

Die Reaktion aus Nazi-Deutschland kam prompt: Schon am 14. Juli 1933
erschien sein Name auf der ersten Ausbürgerungsliste des Reiches. Nachdem
die gleichgeschaltete Nazipresse zunächst pauschal gegen die Emigrantenszene
im Elsaß gewettert hatte31, begann sie ab 1934, Jacob direkt
anzugreifen32. Selbst die französische Polizei glaubte zu bemerken, daß Jacob
in zunehmendem Maße die Überwachung durch Agenten Hitlers
fürchtete33.

Vom vierten bis zum sechsten März 1935 schließlich bekam Jacob überraschend
Besuch von Hans Wesemann, einem vermeintlichen Freund, der jedoch
für die Gestapo arbeitete. Dieser lud Jacob zu einem Treffen mit einem
Informanten aus Deutschland ins „Hotel St. Gottard" in Basel ein, wo
er am 8. März eintraf. In den folgenden Tagen erhielt Jacobs Frau Telegramme
aus Basel und Zürich, die sich später als gefälscht herausstellen.
In Wirklichkeit ist Jacob bereits am 9. März nach Deutschland entführt,
dort umgehend verhaftet und nach Berlin verschleppt worden.

Allerdings hatte man dort wohl nicht mit den massiven internationalen
Protesten gerechnet, die nach Bekanntwerden der Aktion einsetzten. Schon
im September des gleichen Jahres wurde Jakob daher wieder in die
Schweiz abgeschoben34. Lion Feuchtwanger hat den „Fall Jakob" in seinen
Roman Exil eingearbeitet. Jakobs Zugfahrt von der Schweiz zurück ins sichere
Frankreich hat er sich so vorgestellt:

Da stand er also am Fenster, in dem gleichen Anzug, in dem er weggefahren
war, jetzt aber schlotterte der Anzug um ihn (...). Seine Wärter hatten
ihm immer wieder zu verstehen gegeben, daß er sein Gefängnis kaum mehr
lebend verlassen werde, kein Anwalt hatte Zutritte zu ihm gehabt, von den
Anstrengungen, welche die zivilisierte Welt zu seiner Rettung unternommen
, hatte er nichts erfahren, er hatte abgeschlossen und sich nur darauf
vorbereitet, vor Gericht seinen Mann zu stellen und anständig und eindrucksvoll
zu sterben. Als man ihn dann aus seinem Gefängnis herausholte

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