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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 609
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Auch in der Pflegeanstalt Fußbach waren diese Gegensätze, besonders die
weltanschaulichen, zwischen Nationalsozialismus und katholischer Kirche
vorhanden, und zwar in Gestalt von August Schilli auf der einen Seite und
den Schwestern vom Heiligen Kreuz auf der anderen. Daß dies so war, bestätigten
Schwestern, die damals in Fußbach waren, doch habe dies die Zusammenarbeit
in keiner Weise beeinflußt, da Schilli darüber hinweggesehen
habe.43

Das Sterilisationsgesetz betraf nicht nur psychisch Kranke, sondern auch
geistig und körperlich Behinderte.44 So hatte dieses Gesetz, das am 1. Januar
1934 in Kraft trat, auch Folgen für die Kreispflegeanstalt Fußbach,
und zwar in Form von Zwangssterilisationen. Zuständig war der damalige
Anstaltsarzt Dr. Unger, der die Pfleglinge der Anstalt ab dem 1. Oktober
1933 betreute.

In seinem Geschäftsbericht vom März 1934 erwähnt August Schilli erste
Konsequenzen des Gesetzes: Durch das jüngst erschienene Gesetz zur Verhütung
erbkranken Nachwuchses ist eine noch schärfere Überwachung der
Pfleglinge beiderlei Geschlechts notwendig geworden. Verschiedene Vorkehrungen
zur Unterbindung aller schädlichen Vorkommnisse werden wohl
noch nötig sein, doch kann getrost gesagt werden, dass unter der nimmermüden
Obsorge der Schwestern und des übrigen Personals alles gut gemeistert
wird.45

Der Bezirksarzt veranlaßte in Zusammenarbeit mit dem Anstaltsarzt Dr.
Unger die Sterilisationen. Laut Unger mußte er als Anstaltsarzt viel Zeit
dafür aufwenden: Einen breiten Raum der Tätigkeit des Anstaltsarztes
nahm auch die Durchführung des Sterilisationsgesetzes in Anspruch. Nach
genauerer Überprüfung der einzelnen Insassen auf ihren Geisteszustand
fielen 143 Pfleglinge unter das Sterilisationsgesetz. Bisher sind 55 Fälle
bearbeitet worden, von denen zwanzig bis jetzt sterilisiert sind. Im Einverständnis
mit dem Bezirksarzt wird mit der Sterilisation der Frauen zurückgehalten
, da dieselben die Anstalt unbeaufsichtigt doch nicht verlassen. Es
werden in Zukunft vorerst auch nur die Frauen sterilisiert werden, wo von
Seiten der Gemeinde oder sonst Unterhaltspflichtigen der Antrag auf Entlassung
eingereicht wird und nachdem ärztlichen Dafürhalten nach Durchführung
der Sterilisation die Entlassung befürwortet werden kann.46

Nach einem nicht unterzeichneten Bericht vom 2. Juli 1945 seien in den
Jahren 1934/35 20 Männer und 3 Frauen aus der Pflegeanstalt Fußbach
sterilisiert worden.47 Weitere Zahlen sind nicht bekannt. Bei Einweisungen
neuer Pfleglinge hatte der Anstaltsarzt Dr. Unger die notwendigen Sterilisationen
in die Wege zu leiten.48

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