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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 611
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pflegeanstalt kümmerte sich der ebenfalls in Zell a.H. niedergelassene Arzt
Dr. Anton Bräutigam, bis mit Dr. Wilhelm Schaudig aus Gengenbach am
Ol. Ol. 1940 die Stelle des Anstaltsarztes wieder besetzt wurde.56

,Euthanasie' - Die Ermordung von Kranken

Das Wort ,Euthanasie' stammt aus dem Griechischen und bedeutet eigentlich
Sterbehilfe, die Erleichterung des Todes bei Menschen, die qualvoll
und mit Schmerzen sterben würden. Doch im Dritten Reich verstand man
etwas anderes darunter: Die systematische Ermordung Behinderter und
chronisch Kranker, besonders aus Heil- und Pflegeanstalten.

Die Grundlage für die Euthanasie war ein Geheimerlaß von Adolf Hitler,
den er im Oktober 1939 unterschrieb und der auf den 1. September zurückdatiert
war, auf den Tag, an dem der Zweite Weltkrieg mit dem Überfall
des Deutschen Reiches auf Polen begann.57

Betroffen davon war auch die Kreispflegeanstalt Fußbach. Am 9. Oktober
1939 erging ein Erlaß des Reichsinnenministeriums, Meldebögen für alle
in Heil- und Pflegeanstalten lebenden Menschen auszufüllen und umgehend
zurückzuschicken. Alle Kranken sollten ermittelt werden. Diese Aufgabe
hatte die „Reichsarbeitsgemeinschaft Heil- und Pflegeanstalt" in Berlin
übernommen, die direkt der Reichskanzlei unterstellt war.58

Als die Meldebögen in Fußbach eintrafen, hielt man diese für Routine und
füllte sie aus. Die damalige Büroschwester Hildegard sagte dazu: Die Ausfüllung
war eigentlich nur eine mechanische Arbeit an Hand der Personalakten
.59 Daß später auf Grundlage dieser Bögen über Tod und Leben eines
Menschen entschieden würde, das wußte in Fußbach niemand, und es ahnte
auch keiner. Sogenannte Gutachter bearbeiteten die zurückgeschickten
Meldebögen und notierten in einem schwarzen Kasten unten links ein rotes
,+' für töten oder ein blaues,-' für weiterleben.60

Danach wurden dann Transportlisten zusammengestellt. Den Anstalten
gingen Verlegungslisten zu, und in Fußbach war man der Ansicht, daß dies
aus militärischen Gründen geschehe, da man der französischen Grenze und
somit der Front nahe war.61

Der erste Transport verließ am 13. Juni 1940 Fußbach. 75 Frauen wurden
im Rahmen planwirtschaftlicher Maßnahmen verlegt, ohne daß ein Zielort
angegeben war. Transportmittel waren graue Busse mit undurchsichtigen
Scheiben. Die gemeinnützige Krankentransport G.m.b.H.' war extra zu
diesem Zweck gegründet worden.

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