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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 612
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Schilli und den Schwestern fiel nichts Besonderes auf. Doch im Juli 1940
trafen kurz nacheinander 7 Todesnachrichten von damals verlegten Pfleglingen
ein. Die Angehörigen erhielten sogenannte Trostbriefe. In Fußbach
wurde man mißtrauisch und entschloß sich zu Gegenmaßnahmen bei weiteren
Transporten. Diese Gegenmaßnahmen gingen vor allem von den
Schwestern aus, doch Schilli hat sich den Gegenmaßnahmen nicht verschlossen
, sondern hat sie mit allen Kräften voll unterstützt.62

So riet man den Familienangehörigen von der Einlieferung ihrer Verwandten
in die Kreispflegeanstalt ab; man entließ Patienten zu ihren Angehörigen
oder vermittelte ihnen auswärtige Arbeitsstellen. Schilli weigerte sich,
manche Pfleglinge herauszugeben, und verhandelte bei weiteren Transporten
stets mit den Transportführern, wobei er dann immer seine SS-Uniform
trug, die er normalerweise in Fußbach nicht anhatte. Mit manchen, die verlegt
werden sollten, unternahm man spontane Ausflüge oder Wallfahrten,
man verließ jedenfalls für den Transporttag die Kreispflegeanstalt. Für
manche Pfleglinge hatte man sich bereits die amtsärztliche Einwilligungserklärung
beschafft, um sie auch kurzfristig entlassen zu können, falls deren
Namen auf Transportlisten aufgetaucht wären. Andere wurden als produktiv
und somit für die Volkswirtschaft wichtig eingestuft, indem man sie in der
Anstalt als Bürstenbinder beschäftigte. Schilli machte seine Position auch
in einem Schriftwechsel mit dem badischen Innenministerium deutlich.63

Die Gegenmaßnahmen hatten Erfolg. Beim ersten Transport, der zur Vernichtungsanstalt
Grafeneck bei Reutlingen ging, waren alle 75 Plätze besetzt
, doch beim zweiten, am 15. August 1940 waren es nur 30 Personen.
Am 18. Oktober 1940 fuhren dann noch 13 Patienten nach Grafeneck, am
26. November 1940 12, am 3. März 1941 4, diesmal nach Hardamar bei
Marburg in Hessen, und am 29. Mai 1941 nur 3 Pfleglinge, wiederum nach
Hardamar. Insgesamt wurden 137 Personen verlegt und auch getötet.
Außerdem wurde am 1. Februar 1941 ein jüdischer Patient nach Heppenheim
verlegt, der später in Cholm (Polen) den Tod fand.64 Horst Brombacher
schreibt: „Es scheint, als ob die energische Haltung des Verwalters A.
Schilli erfolgreich gewesen sei, denn anders läßt sich die reduzierte Zahl
der abtransportierten Patienten nicht erklären."65 Auch Ernst Klee vertritt
eine ähnliche Ansicht: „Die Kreispflegeanstalt Fußbach kann dank des beharrlichen
Widerstandes eines SS-Mannes die Mehrzahl ihrer Patienten
retten."66

Die Schwestern vom Heiligen Kreuz und August Schilli haben vielen das
Leben gerettet. Ihre Gegenmaßnahmen hatten Erfolg, wenn man die Anzahl
der abtransportierten mit anderen Anstalten vergleicht.

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