Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 617
(PDF, 129 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1999/0617
Haus Renchtal in Renchen

Von der Heilstätte zur Fachklinik -
Eine geschichtliche Dokumentation

Reinhold Aßfalg

Es freut mich, daß der historische Verein für Mittelbaden sich für die Geschichte
der Fachklinik Haus Renchtal interessiert, und ich nehme die Einladung
gerne an, an dieser Stelle einen Abriß der Ergebnisse unserer Nachforschungen
zu veröffentlichen. Als Leiter der Fachklinik bin ich primär
mit der Organisation der Alltagsarbeit beschäftigt. Es waren insbesondere
die verschiedenen Jubiläen, die den Anstoß gaben, genauer nachzuforschen
, Archivunterlagen zu sichten und die Entwicklung der Fachklinik
seit ihrer Gründung im Jahre 1905 zu verfolgen. Ich hätte zunächst nicht
erwartet, daß ein solcher Blick in die knapp hundertjährige Vergangenheit
so spannend und anregend sein kann.

In der Geschichte unseres Hauses spiegelt sich die Geschichte Deutschlands
in diesem Jahrhundert, die gekennzeichnet ist durch die beiden Weltkriege
, durch die Not der Wirtschaftskrise und durch den wirtschaftlichen
Aufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg. Unmittelbar zu erkennen ist die
traditionsgeleitete Gesellschaftsordnung zu Beginn des Jahrhunderts, die
Entwicklung zur nationalsozialistischen Diktatur, schließlich der Umbruch
zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und zu den Lebensbedingungen
in einer pluralistischen Gesellschaft.

Die Geschichte des Hauses Renchtal zeigt uns, wie sehr das, was in der
Suchtkrankenhilfe gearbeitet - und vor allem wie gearbeitet wird, von einem
gesellschaftlich bestimmten Menschenbild abhängt. Das ursprüngliche
moralische Verstehensmodell, das die Suchterkrankung als Ausdruck
von Lasterhaftigkeit interpretierte und zu einer „Therapie der Disziplinierung
" führte, erwies sich als äußerst anfällig für die nationalsozialistische
Ideologie, von deren herrschenden Vertretern die damaligen Hausväter sich
in schweren Zeiten eine Sicherung der materiellen Grundlage ihrer Einrichtungen
erhofften. Der Zusammenhang von Suchttherapie, Menschenbild
, ökonomischen Bedingungen und politischen Leitbildern muß uns
wachsam machen.

Die Beschäftigung mit der Geschichte führte uns dazu, unsere heutige Einstellung
auf dem Hintergrund des geschichtlichen Gewordenseins kritisch
zu hinterfragen. Gibt es nicht genügend Stellen, wo das längst überholt ge-

617


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1999/0617